Wien – Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) will neue Zugangsbeschränkungen an den Universitäten. Bis zum Herbst will er mit der SPÖ über Aufnahmetests auch in Chemie und Rechtswissenschaften verhandeln. Zumindest aber soll die "Testphase" in den Studienfeldern Architektur, Biologie, Informatik, Wirtschaft und Pharmazie zur Regel werden. "Die Universitäten haben durch die Zugangsregelungen eine bessere Planbarkeit und eine bessere Steuerbarkeit", sagte Mitterlehner bei der Präsentation der Evaluierung der Testphase am Mittwoch.

Im Wintersemester 2013/14 wurden als "Testlauf zur Studienplatzfinanzierung" neue Aufnahmetests in oben genannten überlaufenen Studienfeldern eingeführt, betroffen sind 40 Studien. Die Universitäten können selbst entscheiden, ob sie Gebrauch von dieser Möglichkeit machen. In 22 der 40 Studien ist das auch passiert. Wenn gewünscht, muss die Regelung noch in diesem Jahr verlängert werden, ansonsten läuft sie mit einem "Selbstzerstörungsmechanismus ersatzlos aus", wie Mitterlehner sagt. Der Vizekanzler will das verhindern.

Ausweichstudien beschränken

Das Institut für Höhere Studien (IHS) hat für das Wissenschaftsministerium die Auswirkungen der neuen Zugangsbeschränkungen erhoben. Insgesamt haben diese nicht zu weniger inskribierten Studien geführt. Die Gesamtsumme der Studierenden stieg seit dem Wintersemester 2012/13 von 53.000 auf 55.000. Die Studierenden weichen also von beschränkten Studien auf solche ohne Aufnahmetests aus.

Hier dienen laut IHS-Studie vor allem Wirtschaftsrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien, Umweltsystemwissenschaften Betriebswirtschaft (Uni Graz) und Lebensmittel- und Biotechnologie (Universität für Bodenkultur Wien) als Ausweichstudien. Auch Chemie und Soziologie sind potenzielle Auffangbecken.

Aufgrund dieser Zahlen will Mitterlehner nun auch weitere Studien beschränken. Als nächstes "Massenstudium", das Aufnahmetests braucht, sieht er die Rechtswissenschaften. Schon in der Vergangenheit hat er angekündigt, das Studienfeld beschränken zu wollen. Als ein mögliches weiteres Fach sieht er Chemie, das als Ausweichfach für Pharmazie gilt. An der Universität Graz haben sich hier im Wintersemester 2014/15 satte 110 Prozent mehr Studierende als im vorangegangen Semester inskribiert.

Weniger Anfänger

Die Evaluierung zeigt auch, dass nach deren Einführung die Zahl der begonnenen Studien in den beschränkten Fächern stark zurückgegangen ist. Waren von 2010 bis 2012 im Durchschnitt 14.500 Studierende inskribiert, waren es 2013 nur mehr 9.800, das bedeutet einen Rückgang von 32 Prozent.

Bereits 2014 stieg die Zahl der belegten Studien allerdings wieder auf 11.500. Trotzdem studieren im Vergleich zu den Jahren 2010 bis 2012 insgesamt 21 Prozent weniger in den neu beschränkten Fächern. "Starke Schwankungen sind im Hochschulbereich bei Reformen häufig", sagt Studienautor Martin Unger. Er rechnet damit, dass die Zahl der Studien in den kommenden Jahren wieder stärker steigt.

Mehr Plätze als Interessenten

Im Übrigen musste kein Studienbewerber aufgrund seiner Leistungen bei einem Test abgewiesen werden. In allen Fällen gab es bisher weniger Interessenten als festgelegte Studienplätze. Die Zugangsbeschränkungen halten die Studierenden also von der Inskription ab.

Das IHS hat in den Studien zudem untersucht, wie sich die Aufnahmetests darauf auswirken, wer sich inskribiert. Dabei gab es im Vergleich zu den Jahren, als die Studien noch nicht beschränkt waren, keine Verschiebungen zwischen Männern und Frauen. Auch bei der sozialen Herkunft gibt es laut Unger keinerlei systematische Veränderungen. Allerdings konnte das IHS hier nur 22 von 40 Studien untersuchen, da Daten für kleinere Universitäten fehlen.

Weniger ältere Studierende

Auffällig ist der Studie zufolge aber das Inskriptionsverhalten der älteren Studierenden. So haben sich besonders viele Studierende über 24 Jahren nicht mehr eingeschrieben. Auch bei den deutschen Studierenden gab es starke Rückgänge. Diese sind aber eher darauf zurückzuführen, dass die Studien davor aufgrund von doppelten Abiturjahrgängen in Deutschland besonders stark ausgelastet waren. Den geringsten Rückgang gab es bei Studierenden mit Berufsreifeprüfung oder Studienberechtigungsprüfung.

Studienautor Unger rechnet aufgrund der Zahlen der Studien damit, dass die Zugangsbeschränkungen trotz geringer Zahlen bei den Studienanfängern zu mehr Absolventen führen. Zu diesem Schluss kommt er, weil bis zum dritten Semester mehr Studierende als zuvor ihr Studium fortgesetzt haben. In Biologie haben etwa 62 Prozent weiterstudiert, zuvor waren es 57 Prozent. In Architektur waren 74 Prozent auch im dritten Semester inskribiert, vor Einführung der Aufnahmetests waren es 69 Prozent. In Informatik, wo sich nur eine Universität für die Tests entschieden hat, gibt es keine Unterschiede.

Steop reformieren

In einer eigenen Studie hat das IHS zudem die Studieneingangs- und Orienterungsphase (Steop) evaluiert. Sie wurde in den vergangenen Jahren häufig reformiert und soll den Studierenden bei der Orientierung am Studienbeginn dienen. Die Evaluierung zeigt, dass die Steop sehr unterschiedlich umgesetzt wird. Die Studierenden müssen innerhalb eines Semesters zwischen einem und 29,8 ECTS-Punkte absolvieren. Mitterlehner spricht sich nun für einen Mindestumfang von acht ECTS aus. 30 ECTS-Punkte entsprechen den Leistungen, die in einem Semester absolviert werden sollen. (Lisa Kogelnik, 28.5.2015)