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Der stark beschädigte Flugdatenschreiber wäre fast übersehen worden.

APA/EPA/BEA / HANDOUT

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Eine vorläufige Auswertung stützt die Suizidthese.

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Eine 32-jährige Gendarmin löste das Rätsel um den Absturz des Germanwings-Airbus A320 endgültig auf: Gerade erst am Bergungsort in den französischen Alpen eingetroffen, fand Alice Coldefy den zweiten Flugschreiber unter einem Haufen anderer Trümmer. Die Blackbox war so zerdrückt und angeschwärzt, dass die Hochgebirgspolizistin sie zuerst fast übersehen hätte. Andere Ermittler hatten den 20 Zentimeter tief im aschengrauen Erdreich steckenden Datenrekorder zuvor nicht bemerkt.

Kaum einen Tag nach der Entdeckung konnte das Flugermittlungsamt BEA in Paris bereits die Resultate einer "vorläufigen" Auswertung bekanntgeben. Sie bestätigt bisherige Annahmen, dass der Copilot Andreas L. das Flugzeug mit 150 Menschen an Bord am 24. März absichtlich auf Sinkflug brachte und in das Alpenmassiv steuerte. Die Auswertung der Audio-Datei im ersten Flugschreiber hatte bereits ergeben, dass der Copilot vor dem Unglück allein im Cockpit war; die Rückkehr des ausgetretenen Piloten verhinderte er vermutlich durch eine Türblockade.

Bis auf 100 Fuß

Die Suizidthese wird durch den zweiten Flugschreiber vollumfänglich gestützt. Laut BEA veränderte L. den vom Autopiloten vorgegebenen Kurs wiederholt, um die Maschine der Lufthansa-Tochter Germanwings bis auf 100 Fuß (etwa 30 Meter) sinken zu lassen. Damit war klar, dass sie an den viel höher liegenden Alpenfelsen zerschellen würde. Außerdem erhöhte der 27-Jährige während des Sinkfluges mehrfach die Geschwindigkeit.

Dass es sich um Suizid handeln könnte, bestätigen auch neue Funde in der Wohnung des Copiloten. Auf seinem Tablet hatte er sich in der Woche vor dem Todesflug zum Thema Selbstmord sowie über die Funktionsweise der Cockpittüre informiert.

DNA-Proben aller Passagiere

Am Absturzort gingen die Bergungsarbeiten am Freitag weiter. Nach Polizeiangaben wurden von allen 150 Passagieren und Besatzungsmitgliedern – darunter 72 Deutschen und 50 Spaniern – DNA-Proben gefunden. Die sichergestellten Leichenteile werden ab nächster Woche im Labor neben der Leichenhalle in Seyne-les-Alpes mit Erbgutproben von Hinterbliebenen verglichen.

Die Lufthansa hatte den Angehörigen eine erste Soforthilfe von 50.000 Euro pro Opfer versprochen. Nach der zumindest vorläufigen Klärung des Falles dürfte sich die Debatte auf die juristische Ebene verlagern. Für zusätzliche Entschädigungsansprüche wird die Frage wichtig, wie weit die beiden betroffenen Fluggesellschaften über die psychische Befindlichkeit des Copiloten auf dem Laufenden waren. Nach ersten Erkenntnissen war Lufthansa seit 2009 im Bilde über eine "abgeklungene schwere depressive Episode". Andreas L. wurde aber danach als flugtauglich eingestuft.

Eine politische Note brachte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière ins Spiel, indem er auch für innereuropäische Flüge eine Ausweispflicht für Passagiere anregt. Das würde den freien Personenverkehr im EU-Raum einschränken. (Stefan Brändle aus Paris, derStandard.at, 3.4.2015)