Wer indiskutabel findet, ein Dialogzentrum just nach König Abdullah zu benennen, der etwa Menschen wegen Glaubensabfall öffentlich auspeitschen ließ, und unter die Dominanz von Saudi-Arabien zu stellen, wo andere Religionen verboten und verfolgt sind, wird von den Befürwortern des KAICIID sogleich verdächtigt, gegen jedes Gespräch zu sein. In seinem Kommentar vom 3. Februar meint Wilfried Graf etwa, ich sei prinzipiell gegen den Dialog mit Islamisten. Das stimmt nicht, und zwar nicht nur, weil es abstrus ist, alle islamistischen Gruppen - ob die Partei des türkischen Premiers Erdogan, die Muslimbrüder Ägyptens, die Hamas oder die IS - in einen Topf zu werfen. Auf keinen Fall darf der Kontakt zu Erdogan abgebrochen werden. Zweifellos ist es gut, mit der Hamas einen Waffenstillstand auszuhandeln. Aber - um eine Analogie zum Wiener Dialogzentrum zu wagen - ein Institut zur Erforschung von zivilem Widerstand gerade unter die Patronanz der Hamas zu stellen wäre ein wenig schräg.

Wilfried Graf hat recht: Wer Frieden will, muss mit den Feinden reden. Der Friedensplan der Arabischen Liga hätte etwa von Benjamin Netanjahu als Chance begriffen werden sollen - und zwar nicht obwohl, sondern eben weil dieser Vorstoß vom saudischen König initiiert worden war. Aber ein konkreter Vorschlag, wie das Blutvergießen zwischen Israel und Palästina beendet werden könnte, ist mit einem interreligiösen Dialogzentrum nicht zu vergleichen. Wer den Unterschied zwischen den beiden Fragestellungen nicht erkennen will, akzeptiert die Lüge, zwischen dem Abendland an sich und dem Islam als solchem herrsche Krieg. Dieser kulturalistischen Logik gilt es zu entgehen.

Das KAICIID ist auch keine internationale Einrichtung wie etwa Uno oder die KSZE, wo die Staatengemeinschaft zu diplomatischen Verhandlungen zusammentrifft. Das Dialogzentrum wurde alleinig von Österreich, Spanien und Saudi-Arabien gegründet, und es heißt, ökonomische Interessen prägten die wundersame Dreifaltigkeit. Immerhin wird jetzt gedroht, die Opec verlasse Wien, wenn das KAICIID in Wien geschlossen werde. So eine Spekulation macht klar, worum es bei diesem Ringpalais wirklich geht.

Wer den Dialog wahrhaftig sucht, kann so ein Dialogzentrum nicht wollen. Nicht nur deshalb, weil die Hoffnung, das KAICIID würde in Riad die Gemäßigten zum Zug bringen, sich nicht bewahrheitete. Wichtiger ist, dass durch so eine Art des Dialogs der ganze Islam auf eine einzige islamistische Spielart reduziert und echte Dialogarbeit diskreditiert wird. Das Wiener Dialogzentrum war bisher eine saudische Fata Morgana. So ein Trugbild aus der Wüste ist gefährlich, weil es in die Irre leitet und eine Oase vorspiegelt, wo keine ist.

Es gibt gelungene Beispiele des Dialogs, an die angeknüpft werden könnte: Es ist gar nicht notwendig, an Gott zu glauben, um etwa vom "Haus der Religionen" in Bern begeistert zu sein. Acht Konfessionen finden hier unter einem Dach Platz. Finanziert wird die Einrichtung von den verschiedenen Religionsgemeinschaften.

In Wien am KAICIID unverändert festzuhalten, und zwar deshalb, weil es eh schon da ist, wäre kein Zeichen von Courage oder von Standhaftigkeit, sondern eher von Betulichkeit und Ignoranz.

In Jerusalem jedoch, wo Wilfried Graf an Konfliktlösungen arbeitet und wo bald gewählt wird, erfordert der Dialog von unten Mut. Helden sind jene, die gemeinsam - ungeachtet der Herkunft - gegen Hass und Diskriminierung auftreten. Tapfer ist, wer im Schatten des Mordens Abkommen verhandelt. Feig sind die Scharfmacher, die sich hinter der Formel verstecken, es gebe keinen Partner auf der anderen Seite. (Doron Rabinovici, DER STANDARD, 10.2.2015)