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In eine menschliche Eizelle wird eine Nadel eingeführt. In-vitro-Techniken werden nun in Österreich häufiger werden.

Foto: dapd

Wien - Bis zum 31. Dezember hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) für ein neues Fortpflanzungsmedizingesetz Zeit gegeben, nachdem ein lesbisches Paar erfolgreich gegen das Verbot einer Samenspende für es geklagt hatte; sonst würde am 1. Jänner ein Großteil der bestehenden Verbote außer Kraft treten. Nach monatelangem Ringen haben sich ÖVP und SPÖ am Donnerstag wohl im letzten Moment, damit diese Frist noch erfüllt werden kann, auf eine Novelle des mehr als 20 Jahre alten Fortpflanzungsmedizingesetzes (FmedG) geeinigt.

Sie sieht eine Liberalisierung vor, die über die vom VfGH geforderte Erlaubnis von Samenspenden für lesbische Paare hinausgeht und in weiten Teilen den 2012 formulierten Vorschlägen der Bioethikkommission folgt: Erstmals werden Eizellenspenden legal, und die bisher stark eingeschränkte Präimplantationsdiagnostik (PID) sollte erleichtert werden.

"Trägheitsgesetz am Werk"

Der "große Schritt zur Liberalisierung" des derzeit restriktivsten Regelwerks in der EU kommt für Christiane Wendehorst, Professorin für Zivilrecht an der Universität Wien und Mitglied der Bioethikkommission, nicht überraschend.

Schließlich hatten die Befürworter den Vorteil, dass eine Nichteinigung zwischen Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) noch viel mehr zugelassen hätte: etwa die Möglichkeit, dass medizinisch unterstützte Fortpflanzung auch ohne medizinische Gründe genutzt werden könnte, betonte Wendehorst bei einem Jus-Alumni-Frühstück zum Thema am Donnerstag in der Redaktion des STANDARD. "Hier war das Trägheitsgesetz der österreichischen Gesetzgebung am Werk: Wenn nichts geschieht, dann wird es ganz liberal."

Wichtiger Schritt

Vor allem die Freigabe der Eizellenspende von anderen Frauen sei ein wichtiger Schritt, meint Wendehorst, wobei klare Altersgrenzen ins Gesetz hineingeschrieben werden: Spenderinnen dürfen nicht älter als 30 sein, Empfängerinnen höchstens 45.

Dass es Eltern verboten bleibt, bei der eigenen Behandlung nichtgenutzte Embryonen an andere Paare weiterzugeben, bedauert Wendehorst, weil dies für alle Seiten von Vorteil wäre. Die Regelung in Österreich verhält sich damit spiegelverkehrt zu jener in Deutschland: Dort sind Eizellenspenden verboten und Embryonenspenden erlaubt.

Umstrittene Präimplantationsdiagnostik

Positiv ist für Wendehorst auch die Liberalisierung der unter Konservativen höchst umstrittenen PID, die bisher nicht dazu genutzt werden durfte, um durch In-vitro-Fertilisation (IVF) entstandene Embryonen vor der Einpflanzung auf mögliche Erbkrankheiten zu testen. Nun ist bei Gefahr auf schwere Schäden eine Untersuchung möglich, wobei für Wendehorst die im Gesetz formulierten Bedingungen nicht ganz klar sind. Vor allem die Formulierung, dass nach drei vergeblichen Befruchtungsversuchen eine PID zulässig wird, könnte einer weiten Verwendung der Methode den Weg ebnen: Denn die Erfolgsquote einzelner IVF-Anwendungen beträgt nur 25 bis 30 Prozent.

Problematisch aber bleibe, dass es weiterhin leichter ist, eine Abtreibung selbst knapp vor der Geburt vorzunehmen, als einen künstlich befruchteten Embryo auf Krankheiten zu testen, um ihn dann nicht einzusetzen, sagt Wendehorst. Auch die Möglichkeit, auf genetische Eigenschaften zu testen, die erbkranken Geschwistern das Leben retten können ("saviour sibling"), bleibt untersagt. Verboten bleibt außerdem die Aufbewahrung von Eizellen aus nichtmedizinischen Gründen, das sogenannte "social egg freezing". Nur wer etwa eine Krebstherapie vor sich hat, darf sich die Option auf Schwangerschaft auf diese Weise für die Zukunft bewahren.

Neben dem FmedG müssen nun auch das Gentechnik-Gesetz, das das IVF-Fonds-Gesetz, das die Bezahlung regelt, und das ABGB novelliert werden. (Eric Frey, DER STANDARD, 13.11.2014)