Kopenhagen/Straßburg: Die Regierung in Dänemark hat die Abschiebung von Flüchtlingsfamilien mit Minderjährigen nach Italien ausgesetzt. Justizministerin Mette Fredriksen reagierte damit auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Dieser hatte Italien schwere Mängel bei der Versorgung von Asylwerbern attestiert, dem Urteil könnte ein Umsturz der europäischen Asylpraxis folgen.

Die dänischen Flüchtlingsbehörden sollen nun die Reichweite des EGMR-Urteils prüfen. Bis dahin dürfen nach dem Regierungsentscheid keine Minderjährigen - und so sie nicht unbegleitet unterwegs sind, auch ihre Famlien nicht - mehr in das südeuropäische Land im Rahmen des Dubliner Abkommens abgeschoben werden. Dasselbe soll laut einem schriftlichen Mitteilung der Ministerin für alle Länder gelten, in denen ähnliche Mängel im Einquartierungswesen für Flüchtlinge existieren. Fredriksen spezifizierte allerdings nicht, um welche Länder es sich dabei handeln soll.

Die definitive Entscheidung über die künftige Vorgangsweise liege bei der Einwandererbehörde, so die Ministerin in ihrer Stellungnahme, laut der Nachrichtenagentur Ritzau.

In Österreich prüft das Innenministerium noch, inwieweit sich das EGMR-Urteil auf die heimische Praxis auswirkt. Allerdings zog man im Ministerium bereits am Dienstag den grundsätzlichen Schluss gezogen, dass "sich aus dem Erkenntnis kein genereller Abschiebestopp ergibt". (APA, 6.11.2014)