Karbondach oben, Karbondekor drinnen, der Lack himmelblau wie ein unschuldiger, aber heißer Sommertag. Knochenhartes Fahrwerk, dabei gar nicht mal unkomfortabel, solange man im Comfort-Modus bleibt. Eine Lenkung, präzise wie ein Schweizer Uhrwerk. Bremsen, die eisern zupacken. Kompromiss stand nicht im Lastenheft beim M3.

Ein Motor zum genussvollen Zungeschnalzen, auch beim Sound. Als würde Cerberus losgelassen. Reihensechszylinder statt bisher V8, 3,0 Liter Hubraum statt bisher 4,0, 431 PS statt bisher 420, Turbo statt bisher Sauger: Resultat ist ein Hochpräzisionsalltagssportgerät allererster Güte, wobei "Alltag" auf den Umstand gemünzt ist, dass wir hier eine Limousine mit vier Türen vor uns haben. Mit einem Kofferraum, der mit den gängigen Herausforderungen des Alltags locker klarkommt.

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Neben dem Schaltknauferl findet sich eine Leiste mit Funktionstasten. Schleuderndes Auto - da kann man die elektronischen Helfer so weit deaktivieren, dass elegante Drifts drin sind. Guido "Glu" Gluschitsch hätte seine Freude, wir konnten ihm die aus Zeitgründen leider nicht machen, allerdings konnte er eh schon den leistungsmäßig identen, sonst aber noch geduckteren, noch athletischeren M4 fachgerecht bewegen.

Der nächste Knopf lässt uns die Wahl zwischen drei Betriebsarten: Efficient, Sport, Sport Plus. Letztere war die Einstellung der Wahl bei unserem Test, Resultat verbrauchsseitig: knapp zwölf Liter je 100 Kilometer. Weiters: Federkennung - Comfort, Sport, Sport Plus (dreimal dürfen Sie raten). Darunter ein Lenkradsymbol mit derselben Auswahl.

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Zu den äußeren Insignien der Macht. Pausbacken wie Äolus bei Botticellis Geburt der Venus, ordentlicher Dom auf der Motorhaube, Front- und Heckschürzen und ein dezenter Heckspoiler - Letztere sollen verhindern, dass der M3 sich in luftige Gefilde erhebt. Dann noch zwei schicke fette Doppelauspuffendrohre. Das hat Tradition und inzwischen auch wieder das ästhetische Gleichgewicht gefunden, sie stehen nämlich nicht mehr so eng zusammen wie etwa beim Vorvorgänger.

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Beeindruckend ist bei dieser Supersportlimo nicht so sehr der Sprint auf der Quarter Mile, das können manche sogar besser. Nein, imposant im Fahrbetrieb ist vor allem, was an Querbeschleunigung möglich ist. So was fällt nicht vom Himmel, sondern ist Ergebnis einer enormen Tüftelei, alles zum Zweck, den Schwerpunkt möglichst abzusenken und dort unten möglichst zu zentrieren, wichtig auch die Achslastverteilung. Aufpassen heißt es allerdings bei wässrigen Fahrbahnverhältnissen. Aber das ist bei fast jedem Nichtallrad-Sportwagen so, der dort angetrieben wird, wo es sich gehört, nämlich hinten.

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Und wer jetzt laut loszetern möchte, von wegen unzeitgemäß und Krawallorasergerät: 1.) geht der Verbrauch voll in Ordnung für diese Hochleistungsklasse, 2.) bestimmt in der kapitalistischen Welt nun mal die Nachfrage das Angebot (ja, die Ms gehen weg wie die warmen Semmeln, und nein, wegen zu geringer, nur auf Europa beschränkter Nachfrage gibt es eben keinen M3 Touring), und 3.) kann man bei BMW ja eh in die Öko-Nische ausweichen, zu i3 oder i8, wenn man das unbedingt will. Die Bayern haben eben für jeden Geschmack und jede Weltanschauung was im Köcher. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 24.10.2014)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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