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Landeshauptmann Markus Wallner (VP) nahm den Verlust der Absoluten staatsmännisch: "Ab Dienstag wird verhandelt."

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Der Jubel bei den Grünen war groß. Johannes Rauch hat das erste Match gewonnen. Nun geht's ins Finale um einen Regierungssitz.

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Künftig könnten die beiden öfters gemeinsam auftreten.

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Donner, Blitz und ohrenbetäubender Lärm seiner Fans begleiteten Johannes Rauch bei seiner Ankunft im Landhaus. Die Freude der Grünen kannte keine Dezibelgrenzen. 17 Prozent landesweit, im Bezirk Bregenz gar 20 Prozent, das sei schlicht überwältigend, sagte der Spitzenkandidat der Grünen. "Mein heimliches Traumziel, das ich niemandem verraten habe, waren 14 Prozent." Was war der Grund für den Erfolg? Die klare Ansage, dass es um Schwarz-Grün oder Schwarz-Blau gehe, die sei zwar volles Risiko gewesen, habe sich aber mit sechs Mandaten bezahlt gemacht.

Landeshauptmann Markus Wallner (VP) betrat das Landtagsfoyer ohne Fangeheul. Gefasst kommentierte er den Verlust der absoluten Mehrheit. Von 50,8 Prozent fiel die Vorarlberger Volkspartei auf 41,8 Prozent. Das bedeutet 16 von 36 Mandaten. Wie erwartet, manche Umfragen hatten die VP sogar bei unter 40 Prozent gesehen. Verglichen mit diesen Umfragewerten habe man ja ohnehin besser abgeschnitten, sagte Wallner in einer ersten Reaktion. Es gebe aber nichts schönzureden. "Ein Verlust ist ein Verlust. Nun werden wir uns sehr genau anschauen müssen, was passiert ist."

Verluste in Berggemeinden

Verloren hat die VP überall, auch in den Berggemeinden, wo früher zwischen 80 und 90 Prozent Schwarz wählten. Besonders schlecht ist das Ergebnis der VP in der Landeshauptstadt. Die 31,8 Prozent werden dort noch für Diskussionen sorgen. Sind doch im April Gemeindewahlen. Die Volkspartei hat in allen fünf Städten verloren. In Hohenems wurde sie sogar von den Freiheitlichen überholt, die hatten 46 Stimmen mehr.

In Hohenems ist FPÖ-Chef Dieter Egger daheim. Der startete mit satten 25 Prozent in diese Wahl und musste landesweit 1,7 Prozentpunkte abgeben. Die Stimmung im FPÖ-Klub war trotz 23,5 Prozent gedrückt. "Wir wussten, von 25 Prozent zuzulegen wird schwierig", sagte Egger zum STANDARD. Die bürgerlichen Parteien hätten zusammen zwei Drittel der Stimmen bekommen, das dürfe man nicht übersehen. Vor allem die Volkspartei müsse das zur Kenntnis nehmen, meint Egger. Die Freiheitlichen seien Garant für einen starken Wirtschaftsstandort, und damit müssten sie erste Wahl für die Volkspartei sein. Unterstützung bekam Egger aus der Industriellenvereinigung. Deren Präsident Hubert Bertsch überbrachte der Volkspartei via Presseaussendung zwar Glückwünsche, lieferte aber auch gleich eine Mahnung mit: "Die künftige Regierung muss wirtschaftsorientiert handeln, die Infrastrukturprojekte umsetzen und die Bürokratie massiv abbauen."

Am Dienstag will Landeshauptmann Wallner mit den Sondierungsgesprächen beginnen: "Der Größe nach." Geht's nach Wallner, wird die neue Regierung in Kürze stehen.

SP stürzte ab

Wohl nicht in die Regierung kommen wird Michael Ritsch mit seinen Sozialdemokraten. Wie Umfragen prognostizierten, landete die SPÖ unter zehn Prozent. Ritsch fuhr mit 8,8 Prozent das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Vorarlberger Sozialdemokraten ein. Zurücktreten will er nicht. "Jetzt einmal nicht, sonst würde die Partei in ein Loch fallen."

Die Stimmung für die Sozialdemokratie sei generell schlecht, sagt Ritsch. Was sich in der Partei ändern müsse, wolle er jetzt nicht sagen. "Als der mit dem schwächsten Ergebnis steht mir das auch nicht zu."

Die Idee des Gartenzwerg-Wahlkampfs verteidigt Ritsch: "Die Zwerge haben uns die Klubstärke gerettet." Voraussichtlich bekommt die SPÖ drei Mandate. Entsprechend schlecht war die Stimmung im SPÖ-Klub: Die Zwerge trugen Trauer.

Neos ohne Klubstärke

Klubstärke war das Ziel der Neos. Mit 6,9 Prozent und zwei Mandaten können sie keinen Klub bilden. Sabine Scheffknecht, um Fassung und gute Laune bemüht: "Wir haben einen ersten Schritt gesetzt, jetzt machen wir die weiteren." Immerhin sei es den Neos gelungen, die Absolute der Volkspartei zu brechen und erstmals seit dem Einzug der Grünen in den Landtag vor 30 Jahren wieder mit einer neuen Partei ins Landesparlament zu kommen. In der Heimat von Matthias Strolz wurden die Neos kräftig gestutzt. In Klösterle, wo Strolz bei der EU-Wahl 22 Prozent machte, bei der Nationalratswahl gar 32, gaben nur noch neun Prozent den Neos ihre Stimme. Im benachbarten Dalaas, wo die Strolz-Familie daheim ist, bekamen die Neos 12,6 Prozent der Stimmen. Was Bürgermeister Christian Gantner (VP) besonders freut: "Von 40 Prozent bei der Nationalratswahl auf zwölf Prozent, Dalaas ist die pinke Flagge wieder los!"

Die Neos waren die einzige Partei mit einer Frau an der Spitze. Beim Wahlverhalten zeigten sich deutliche Geschlechterunterschiede: Während die FPÖ in Vorarlberg vor allem junge Männer ansprechen konnte - bei Arbeitern und Personen mit Lehrabschluss führt sie -, belegen die Grünen unter allen weiblichen Wählern immerhin den zweiten Platz. Auch die Sozialdemokraten konnten eher Frauen überzeugen.

Frage des Alters

Für die Vorarlberger Volkspartei spielte weniger das Geschlecht als das Alter eine Rolle: Ihre besten Ergebnisse erzielte sie unter Selbstständigen und den Pensionisten. Auf einen massiven Stimmungsunterschied wies die Wahltagsbefragung zwischen den Wählern von ÖVP und FPÖ hin. In der Gruppe derer, die eine positive Entwicklung des Landes sahen, kam die ÖVP auf 63 Prozent. Bei den Unzufriedenen erreichte die FPÖ 54 Prozent.

Nach einem spannenden Wahltag wird es die nächste Woche nicht minder aufregend. Die Volkspartei muss sich einen Partner suchen und wird eine für die Bundespolitik weitreichende Entscheidung fällen: zurück zu Schwarz-Blau wie vor 2004 oder Schwarz-Grün, wie bereits in Oberösterreich erprobt und im Nachbarbundesland Tirol seit einem Jahr politischer Alltag. (Jutta Berger, DER STANDARD, 22.9.2014)