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Wirtschaftsminister Axel Kicillof: "Die Geierfonds haben versucht, Argentinien etwas Illegales aufzuzwingen."

Foto: reuters/CARLO ALLEGRI

Buenos Aires/New York - Nach dem Auslaufen der Frist im Schuldenstreit zwischen Argentinien und seinen Gläubigern gibt es weiter keine Einigung, das Land gilt somit seit Donnerstagfrüh offiziell als zahlungsunfähig. Bereits zuvor hatte Wirtschaftsminister Axel Kicillof erklärt, dass die Gespräche mit den US-Hedgefonds NML Capital und Aurelius ergebnislos geblieben seien. Damit schlittert Argentinien zum zweiten Mal in 13 Jahren in eine Staatspleite. Zuvor hatte die US-Ratingagentur Standard & Poor's den teilweisen Zahlungsausfall des Landes erklärt.

Auch ein Plan privater Banken zur Abwehr der Staatspleite misslang. Das Hilfsangebot eines Bankenkonsortium kam doch nicht zustande, wie ein hochrangiger Bankvertreter sagte. Die Banken hatten sich einem Insider zufolge zunächst bereiterklärt, Argentiniens Schulden bei den klagenden Hedgefonds zu übernehmen.

Wirtschaftsminister: "Erpresserische Bedingungen"

Die "Geierfonds" hätten versucht, Argentinien "etwas Illegales" aufzuzwingen, sagte Kicillof. Argentinien sei bereit, die Forderungen aller Gläubiger zu begleichen, "aber unter vernünftigen Bedingungen, nicht unter erpresserischen Bedingungen". Der gerichtlich bestimmte Schlichter Daniel Pollack bestätigte das Scheitern der Verhandlungen: "Unglücklicherweise konnte keine Einigung erzielt werden, und die Republik Argentinien steht vor dem Zahlungsausfall."

Argentinien hatte bis Mittwochmitternacht (6 Uhr MESZ) Zeit, 539 Millionen Dollar Schulden bei internationalen Gläubigern zu tilgen. Die Regierung hinterlegte die fällige Summe zwar bei einer US-Bank, auf Anordnung des US-Bundesrichters Thomas Griesa muss es aber erst die beiden Hedgefonds ausbezahlen, ehe es die Forderungen der anderen Gläubiger begleichen darf.

Kicillof: Argentinien bot Profit von 300 Prozent

Argentinien verweigert die Zahlung an NML Capital und Aurelius, die argentinische Schulden nach der Staatspleite Ende 2001 billig gekauft hatten und nun den Nennwert geltend machen. Mit dieser umstrittenen Strategie erzielen die Fonds hohe Renditen.Argentinien habe in den Verhandlungen ein Angebot vorgelegt, das einen Profit von 300 Prozent bedeutet hätte, erklärte Kicillof. "Es wurde nicht angenommen, weil sie mehr wollten."

Er wies die Auffassung zurück, dass Argentinien zahlungsunfähig sei. "Das Geld ist da. Wenn es einen Zahlungsausfall gäbe, wäre das Geld offenkundig nicht da", sagte er mit Blick auf die auf dem US-Konto eingefrorenen Millionen. Verantwortlich sei der US-Bundesrichter Griesa, der die Auszahlung an die Gläubiger verhindere.

Noch bevor Kicillof vor die Presse trat, verkündete Standard & Poor's die Herabstufung. Die Ratingagentur verwendet die Bewertung "teilweiser Zahlungsausfall", wenn ein Schuldner eine Anleihe oder Kreditrate nicht fristgerecht zurückzahlt, aber andere Verpflichtungen weiter erfüllt. Zuvor hatte S&P die argentinische Kreditwürdigkeit mit der Note CCC- bewertet, was die hohe Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls bezeichnet und eine der schlechtestmöglichen Bewertungen darstellt.

Einigungen 2005 und 2010

In den Jahren 2005 und 2010 hatte Argentinien sich mit mehr als 90 Prozent seiner Gläubiger auf eine Umschuldung geeinigt. Einige Investoren wie NML Capital und Aurelius blieben jedoch hart. Vor einem US-Bundesgericht erstritten die beiden Hedgefonds von Argentinien eine Summe von 1,3 Milliarden Dollar, der Oberste US-Gerichtshof wies Argentiniens Beschwerde gegen das Urteil im vergangenen Monat ab.

Argentinien steckt damit in einer Zwickmühle: Zahlt es die Hedgefonds aus, könnten die Vereinbarungen mit den anderen Gläubigern über moderatere Schuldenschnitte nachträglich platzen. Gegenüber den Teilnehmern der Umschuldungsprogramme hatte sich Argentinien verpflichtet, den ausharrenden Gläubigern bis Ende des Jahres kein besseres Angebot vorzulegen. Bei einem Verstoß fürchtet die Regierung mögliche Kosten von 120 Milliarden Dollar.

Der neuerliche Zahlungsausfall könnte für die drittgrößte Wirtschaftsmacht Lateinamerikas schwerwiegende Folgen haben. Die Wirtschaftskrise und die Inflation dürften sich verschärfen und damit den Peso weiter abwerten. Außerdem wäre Argentinien weiter vom internationalen Kapitalmarkt ausgeschlossen, an dem es schon seit der Staatspleite 2001 kein Geld mehr bekommt. Wegen der weitgehenden Isolation von den Finanzmärkten dürften die weltweiten Folgen dagegen überschaubar bleiben. (APA, 31.7.2014)