Wien - Statt mit den von der Polizei kolportierten 500 Burschenschaftern standen am Mittwoch um 17.30 Uhr auf dem Wiener Josefsplatz nur viele Journalisten und einige Touristen. Der Grund: Die angemeldete Burschenschafter-Kundgebung vor dem "Fest der Freiheit" war nur eine Finte, wie Veranstalter Peter Krüger am Mittwochabend eingestand.

Es sei um den Polizeischutz für die umstrittene Veranstaltung gegangen, um den Teilnehmern einen gefahrlosen Besuch ermöglichen zu können. Schließlich habe es Androhung von Gewaltakten gegeben. Die Kosten für den Steuerzahler seien zwar hoch, aber der Steuerzahler werde auch froh sein, wenn verfassungsmäßige Rechte geschützt werden.

usslar

Krüger, Obmann des Vereins "Forschungsgesellschaft Revolutionsjahr 1848", sieht den Vortrag des ehemaligen Nationalratspräsidenten Wilhelm Brauneder und die anschließende Diskussion überhaupt als harmlose Veranstaltung. "Es geht um unser schönes Erbe, das Revolutionsjahr 1848, wo Dinge wie Verfassung, Redefreiheit und Versammlungsrecht ihren Keim haben." Was das weniger schöne Erbe ist, verrät er nicht.

Marsch erst um 21 Uhr

Er sieht die akute Gefahr eines "Überwachungsstaates" und bedauert daher, dass der Grünen-Nationalratsabgeordnete Peter Pilz seine Teilnahme abgesagt hat. "Er ist ein Kritiker des Überwachungsstaates und hätte den Bogen zur Gegenwart spannen können."

Kurz vor Beginn der Diskussionsveranstaltung, etwa hundert Burschenschafter haben sich eingefunden. 

Einige Burschenschafter haben bereits an der Demonstration der Identitären vor zwei Wochen teilgenommen, auf derStandard.at-Frage, welche Überschneidungen ihre Burschenschaften mit den Identitären haben, durften sie aber nichts sagen - Veranstalter Krüger wollte nicht, dass sie mit der Presse reden.

"Ihr habt den Krieg verloren"

Die rund 90 Teilnehmer marschierten gegen 21 Uhr die wenigen 100 Meter zur Herrengasse, um vor dem ehemaligen Niederösterreichischen Landhaus zu gedenken. Dort wurden sie von einem größeren Aufgebot an Medienvertretern, aber auch einem kleinen Grüppchen von Gegendemonstranten empfangen. Die Antifaschisten, darunter die grüne Nationalratsabgeordnete Sigrid Maurer, begleiteten die Kundgebung der Burschenschafter mit "Ihr habt den Krieg verloren"-Gesängen und "Alerta Antifascista"-Rufen.

Die Burschenschafter auf dem Weg zum Landhaus.
Foto: STANDARD/Fischer

Gegendemo in Innenstadt

Um 17 Uhr sollte die Gegendemonstration vor der Hauptuniversität beginnen, erst gegen 18 Uhr setzte sich der Demozug schließlich in Bewegung.  Etwa 1.500 Personen marschierten von der Uni Richtung Innenstadt und wieder zurück zur Uni, wo um 20.15 Uhr die Abschlusskundgebung stattfand.

Polizisten in Kampfausrüstung führen die Demonstration an. 
Foto: derStandard.at/sterkl

Auch der Schriftsteller Robert Schindel war unter den Demonstranten. Im derStandard.at-Gespräch sagte er: "Immer, wenn die Rechten versuchen, an Boden zu gewinnen, muss man ihnen entgegentreten." Dass manche Medien Krawalle angekündigt hatten, bezeichnete er als "Nebbich". Die Demonstranten seien friedlich.

Gegen 18 Uhr zieht die Demonstration langsam von der Uni Richtung Innenstadt. Mittlerweile haben sich etwa 1.500 Leute versammelt. 
Foto: derStandard.at/sterkl

Gegendemonstrationen ruhig verlaufen

An der Spitze der ruhigen Gegendemonstration gingen Polizisten in Kampfmontur voran, rund 1.000 Beamte seien im Einsatz gewesen, hieß es. Die Kundgebung wurde von Beginn an von einem Polizeihubschrauber überwacht. Polizeisprecher Johann Golob sagte am Ende der Kundgebung, alle Seiten hätten sich sehr diszipliniert verhalten.

Auch die "Offensive gegen Rechts" zeigte sich "überwältigt, dass sich so viele Menschen nicht einschüchtern lassen und gegen rechte Umtriebe auf die Straße gehen".

Zwei Festnahmen

Nach dem Ende der Demonstration nahm die Polizei zwei Demonstranten fest. Das habe jedoch nichts mit der aktuellen Kundgebung zu tun, hieß es bei der Polizei: Man habe in einer der beiden Personen einen Teilnehmer an den Anti-Akademikerball-Protesten vom 24. Jänner erkannt, der beschuldigt werde, eine Polizistin angegriffen zu haben. Da sich sowohl dieser Demonstrant als auch sein Begleiter einer Personenkontrolle widersetzt hätten, habe man beide festgenommen, sagte ein Polizeisprecher.

Foto: Christopher Glanzl

Auf Fotos ist zu sehen, dass einer der Festgenommenen eine offene Wunde am Kopf davontrug - ob sich der Demonstrant die Verletzung bei der Festnahme zugezogen hat oder nicht, ist bis dato nicht bekannt.

Schwarz: Kundgebung "Forschungsgesellschaft Revolutionsjahr 1848". Rot: Demonstration "Offensive gegen Rechts". Grün: angekündigte Info-Stände und Standkundgebungen.

Eingeschränkte Öffis und Großaufgebot

Aufgrund der Demonstrationen verkehrten die öffentlichen Verkehrsmittel nur eingeschränkt. Citybuslinien, die Vienna Ring Tram und Straßenbahnlinien waren davon betroffen.

Ende der Demonstration am Ring. 

Mailath-Pokorny: "Über rechte Zusammenhänge informieren"

In einer Aussendung kritisierte am Mittwochvormittag Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) die Organisatoren des "Fests der Freiheit". Mailath-Pokorny: "Nach der Demonstration der Identitären vor wenigen Wochen marschieren die rechtsextremen Burschenschafter durch die Innenstadt. Wir sollten uns jedoch bewusst sein, dass die Veranstaltungen zwei Seiten derselben Medaille sind, und beim Namen nennen, was dahintersteckt: So ist auch der Obmann der Identitären Mitglied der schlagenden Rechtsaußen-Verbindung Olympia, die den - polizeilich als Faschingsumzug angemeldeten - Umzug mitorganisiert." Über diese Zusammenhänge zur rechten und Neonazi-Szene gelte es zu informieren.

Faschingsumzug oder Versammlung? Wie die Veranstaltung der Burschenschafter angemeldet war, war vorerst unklar. 
Foto: derStandard.at/sterkl

Ein Sprecher der Polizei sagte zu derStandard.at dann aber, dass die "Versammlung" nicht als Faschingsumzug angemeldet worden sei.

Auf Nachfrage von derStandard.at erklärte ein Sprecher Mailath-Pokornys die widersprüchlichen Angaben folgendermaßen: "Die Burschenschafter haben die Demonstration zuerst als Faschingsumzug angemeldet, diese später aus eigenen Stücken wieder zurückgezogen und als politische Kundgebung deklariert. Dies hat den Vorteil, dass sie besser geschützt werden." (sterk, moe, mvu, APA, 4.6.2014)