US-Sängerin Julee Cruise ("Twin Peaks") eröffnet kommenden Dienstag in der fluc-mensa am Praterstern das Festival "SoundBridges"

Foto: Karaokekalk
Wien - "Das Projekt SoundBridges versteht sich programmatisch: Brücken herzustellen, Verweise aufzuzeigen, Referenzen einzugehen. Dabei wird an der Schnittstelle aus Historie, ideologischen Systemen und verschiedenen Wirtschaftskonzepten ein neuer Raum aufgezogen, der sich zwischen Budapest, Bratislava und Wien kartografiert."

Der Programmtext mag sich zwar derart blumig lesen, dass den Kunstbeamten in Wien und Brüssel noch während der Lektüre Tränen der Rührung direkt in die Fördertaschen tropfen. Das nächste Woche in Wien und zeitgleich in ähnlicher Form in Bratislava und Budapest startende Festival SoundBridges versucht allerdings tatsächlich in der Nachfolge der legendären Wiener Phonotaktik-Festivals im weiten Feld der elektronischen Musik Neuland im Niemandsland zu entdecken.

Veranstaltet und tatsächlich beeindruckend programmiert wird SoundBridges in Wien vom einzig ernst zu nehmenden heimischen Musikmagazin Skug. Das Skug ist eine vierteljährlich in guter alter Selbstausbeutung erscheinende Publikation, die sich inhaltlich eher auf den Feldwegen der Populärkultur bewegt. Weil man dort die interessanteren und selteneren Tiere fotografieren kann.

So verpflichtete man in der schäbigen Ostblockcharme verbreitenden flucmensa, die im April den Bahnhofsneubauten am Wiener Praterstern weichen muss, außer Julee Cruise, die zumindest einmal im großen Pop arbeitete, dementsprechenden Wildwuchs.

Julee Cruise, die einst das Twin-Peaks-Thema sang, wird gemeinsam mit dem deutschen Marcus Schmickler alias Pluramon ihr atmosphärisches Geisterhaus-Pop-Album Dreams Top Rock aus 2003 am Eröffnungsabend vorstellen. Weitere Höhepunkte neben einem Symposium zum Thema "Producing Culture Beyond Political Borders" und einer täglichen Improvisationsleiste am frühen Abend unter der Leitung von Noel Akchoté und Andrew Sharpley:

Die Berliner Technoextremistin Hanin Elias, der Bastardpop der Münchener Dis*ka, die irren US-Punk-Jazzer The Flying Luttenbachers, der völlig übergeschnappte japanische Pop-Aktionist Teppei Ozawa alias Miss Hawaii oder die berüchtigten heimischen Grinddisco-Stars Aftertouch. Wir merken: Irresein ist menschlich. (schach/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18. 3. 2005)