Wien - Eine gute und sinnvolle Idee mit ein paar problematischen Haken: So beurteilt Maria M. Hofmarcher, Gesundheitsökonomin am Institut für Höhere Studien (IHS), die von der Regierung geplanten zehn "Gesundheitsagenturen". Eine im Bund und neun in den Ländern sollen neu entstehen und die Gelder für das Gesundheitssystem gemeinsam verwalten und verplanen."Der Vorschlag, die Mittelaufbringung aus einem Pool zu organisieren und eine sektorenübergreifende Versorgung sicherzustellen, ist zu begrüßen, auch aus Patientensicht", sagt Hofmarcher im STANDARD-Gespräch. Finanzierungszuständigkeit

Aber, wendet die IHS-Expertin ein: "Es ist zu fragen, ob das nicht auch schon bestehende Einrichtungen, etwa die Landesfonds, machen könnten." Das größte Problem sieht Hofmarcher aber in der geplanten Entkoppelung von Finanzierungszuständigkeit und Entscheidungskompetenz in den Agenturen: "Das ist aus ökonomischer Sicht nicht sinnvoll. Es ist problematisch, den wichtigsten Zahler, die Sozialversicherung, in den Entscheidungsgremien zu marginalisieren", erklärt die Gesundheitsökonomin.

Rauch-Kallats Plan sieht vor, dass der Bund 20 Prozent Stimmrecht in den Agenturen hätte, Länder und Sozialversicherung je 40 Prozent. Die Verteilung der gesamten Gesundheitsausgaben im Jahr 2002 (19,6 Mrd. Euro) war aber eine andere: Laut IHS-Erhebung haben Bund und Länder zusammen 18,7 Prozent gezahlt, die privaten Haushalte über Selbstbehalte und Zuzahlungen 32,1 Prozent und die soziale Krankenversicherung (und damit auch wieder die Versicherten und deren Dienstgeber) den Löwenanteil von 49,2 Prozent. Von den öffentlichen Gesundheitsausgaben hat die Sozialversicherung etwa 70 Prozent gezahlt - dafür bekäme sie nur 40 Prozent der Stimmrechte in den Gesundheitsagenturen.

Inakzeptabel, meinen nicht nur Hauptverband, Kassen, ÖGB und AK, sondern auch die Wirtschaftskammer. Rezentralisierung Ökonomin Hofmarcher warnt vor dieser Gewichtung in den zehn Agenturen: "Wer zahlt, muss auch mitreden können, sonst gibt es keine Anreize zum Sparen." Sie gibt angesichts der Kleinräumigkeit Österreichs auch zu bedenken, dass in anderen europäischen Ländern nicht mehr so stark auf Regionalisierung im Gesundheitswesen gesetzt werde, vielmehr gebe es etwa in Skandinavien "deutliche Rezentralisierungstendenzen". (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe, 21.9.2004)