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Premier Sharon hält trotz Widerständen in seiner eigenen Partei am Plan fest, dass Israel aus dem Gaza-Streifen abzieht: "Ihr kennt meine Position, der Trennungsplan wird durchgeführt, Punkt!"

Foto: AP/Kevin Frayer

"Niemand wird mich aufhalten", hatte Ariel Sharon schon am Montag bei der ersten Regierungssitzung nach dem Sommerurlaub gepoltert. Am Dienstag stieß der Premier nach und knallte den Abgeordneten seiner Partei einen gestrafften Zeitplan für die "Abtrennung vom Gazastreifen" auf den Tisch.

Hatte man ursprünglich damit gerechnet, dass der Rückzug nach gestaffelten Abstimmungsprozeduren erst frühestens in einem Jahr anlaufen würde, so will Sharon nun schon in den nächsten Wochen die Regierungs- und Parlamentsbeschlüsse durchpeitschen. Vielleicht schon im März 2005, so schätzt man nun, könnte die Räumung der 21 Siedlungen im Gazastreifen abgewickelt werden.

"Ihr kennt meine Position, der Trennungsplan wird durchgeführt, Punkt!", sagte Sharon und rezitierte gelassen eine Art Terminkalender: Am 14. September werden die Details dem Sicherheitskabinett vorgelegt, am 24. Oktober kommt der Gesetzesentwurf vor den Ministerrat, und am 3. November wird in erster Lesung im Parlament abgestimmt. Dabei hatte die Likud- Partei zweimal mit deutlicher Mehrheit ein Veto gegen den Rückzug eingelegt, und Sharon ist nach dem Ausstieg rechtsgerichteter Koalitionspartner bloß der Chef einer lahmen Minderheitsregierung. Doch gerade weil er in permanenter Sturzgefahr ist, will der 76-jährige Exgeneral nun offenbar die Diskussionsphase abkürzen. Vizeminister Michael Ratzon war bei einer Versammlung der Likud-Rebellen wütend darüber, dass der Vorsitzende den Willen seiner Partei ignoriert: "Ich sage Ihnen, Herr Premierminister, in der Demokratie wird Sie die Mehrheit stoppen, und im Likud gibt es eine Mehrheit gegen den Rückzug."

Netanyahu laviert

Bei einem Kabinettsvotum wird viel von den Likud-Leithammeln und insbesondere von Finanzminister Benjamin Netanyahu abhängen, der auf die Sharon-Nachfolge spitzt und sich deshalb weiterhin bedeckt hält: Er sei nicht prinzipiell gegen den Plan, sagte Netanyahu, aber er wolle "einen abgestuften, kontrollierten Abzug aus Gaza und nicht einen überhasteten Abzug in einer Phase", damit nicht "der Eindruck einer Flucht vor dem Terror" entstehe.

Im Parlament wird Sharon ein etwas leichteres Leben haben, weil die Linksopposition den Rückzug natürlich unterstützen muss: "Wir werden unserem Gewissen und unserer Anschauung entsprechend abstimmen", sagte Shimon Peres, der Chef der Arbeiterpartei. Das "Abtrennungsgesetz", für das Sharon eine Mehrheit braucht, wird vor allem die Spielregeln festlegen müssen, nach denen die fast 8000 Siedler für ihr zurückgelassenes Gut entschädigt werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.8.2004)