Gesundheitsministerin Rauch-Kallat steht oft alleine da.

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Maria Rauch-Kallat hat sich im Kassenstreit viele Feinde gemacht. Überzeugt hat sie als Gesundheitsministerin auch davor nicht. Aus der schillernden Kämpferin Rauch-Kallat wurde eine loyale Pragmatikerin – nicht ihr erster Wandel.

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Der Koalitionspartner. Die Ärztekammer. Die Wiener Kasse. Der schwarze Arbeitnehmerbund. – Die Liste der Feinde ist lang und wird fast jeden Tag länger. Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat ist das seltene Kunststück gelungen, sich im Streit um die Wiener Kasse zwischen alle Stühle zu setzen. Von FP-Chef Herbert Haupt abwärts fordern die Blauen scharf Handlungen der Ministerin ein, der eigentlich dem schwarzen Lager zugerechnete Wiener Ärztechef Walter Dorner wirft ihr "Geringschätzung der Ärzte" vor – die Attacken sind heftig, die Verteidigungsreden hingegen kurz.

Negativer Höhepunkt

Der Kassenstreit ist der negative Höhepunkt für Rauch-Kallat – überzeugt hat sie als Gesundheitsministerin schon davor nicht. Beim zähen Brocken Gesundheitsreform sind bisher nicht einmal Konturen zu erkennen, beim notwendigen Umbau des Hauptverbands auch nicht. Nicht einmal als Frauenministerin, einem Ressort, das ihr viel eher auf den Leib geschrieben ist als die Gesundheitspolitik, punktet Rauch-Kallat mit un 3. Spalte konventionellen oder zumindest irgendwelchen Ideen.

Schwierigkeit des Regierens

Ihre demonstrative, schier unerträgliche Schwierigkeit des Regierens fällt umso mehr auf, weil sich Rauch-Kallat in ihrer ersten Ministerphase, als Umwelt- und Familienministerin 1992 bis 1995, das Image charmanter Leichtigkeit erarbeite. Nun hat sie mit dem Vorurteil, ein stures Leichtgewicht zu sein, zu kämpfen. Auch wenn das unfair sein mag – die Zeit der großen Hüte und der schillernden Fröhlichkeit ist vorbei. Rauch-Kallat hat sich gewandelt: von der Kämpferin zur Pragmatikerin.

Kampfzone ausgeweitet

Dabei hat sie das soziale Engagement in der Wiener Ära der "bunten Vögel" Erhard Buseks in die Politik geführt. Mit zunehmender Erfahrung weitete sie ihre Kampfzone aus und lehrte mit kecken Sprüchen und Frauennetz werken so manche schwarze Männer das Fürchten.

Scharf schießen

Als unkonventionell gilt Rauch-Kallat nicht mehr, sondern als treue Parteivollstreckerin. Daran sind ihre acht Jahre als VP-Generalsekretärin mit schuld, in denen es ihr Job war, scharf zu schießen. Die Hobbyjägerin hat es bewältigt – auch deshalb, weil Wolfgang Schüssel sie gegen anfängliche schwarze Attacken in Schutz nahm. Rauch- Kallat dankte es ihm mit absoluter Loyalität und ist heute eine der wenigen Busekianerinnen in Schüssels Umfeld.

Alternativpläne

Und eine der wenigen Politikerinnen mit Alternativplänen: Falls Gesundheitsreform und Kassen-Streit sich als zu zäh erweisen, kann die 1949 geborene Rauch-Kallat noch immer ihren Altersberufswunsch verwirklichen – und Psychotherapeutin werden. (DER STANDARD, Printausgabe 20.4.2004)