Wien – Die Krawatten: bei beiden knallrot. Der Bucheinband: blau mit roter Schrift. Nicht nur äußerlich, auch inhaltlich übten Sozialminister Herbert Haupt und ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch Mittwoch den blau-roten Paarlauf: Beide machten Druck, die Pensionsharmonisierung endlich abzuschließen. Viel Zeit bleibe nicht mehr, formu-‑ lierte Verzetnitsch drastisch: "Wenn wir bis zum Sommer das Projekt nicht hinbringen, ist die Harmonisierung gestorben." Haupt sah das genauso: "Es ist nur mehr ein knappes Zeitfenster offen, die Harmonisierung einvernehmlich über die Bühne zu bringen."

Wenn das nicht gelinge? Dann, so Haupt, sei die Harmonisierung nicht "gestorben", werde aber "schwieriger". Eigentlich sollte die Harmonisierung 2003 stehen, dann wurde sie auf Ostern, dann weiter verschoben – für Verzetnitsch ist klar, wer verzögert: die Regierung. Für die FPÖ wies Haupt die Schuld von sich: Er wolle die Harmonisierung unbedingt – inklusive Schwerarbeiterregelung. Kern der Schwerarbeiterregel soll sein, dass bestimmte Berufsgruppen "ohne große Abschläge" mit 60 in Pension gehen können.

Dazu konnte Verzetnitsch nur wohlwollend nicken. Damit war die Einigkeit zwischen den beiden aber beendet. Denn eigentlich wurde Mittwoch grundsätzlich über das Pensionssystem geredet, anlässlich der Präsentation des ÖGB-Buches "Generationen – Konflikt oder Harmonie?" Und da waren die Buch- Mitverfasser Haupt und Verzetnitsch gänzlich verschiedener Meinung: Haupt hält angesichts der Demografie Pensionsreformen wie die 2003 für absolut notwendig. Immerhin werde in 30 Jahren jeder dritte Österreicher älter als 60 Jahre sein.

Verzetnitsch hingegen bestreitet zwar nicht die Notwendigkeit von Reformen, hält aber Pensionskürzungen von bis zu zehn Prozent bei ASVG-Versicherten für überhart. Auch daher fordert er, dass im Zuge der Harmonisierung Teile der Pensionsreform repariert werden müssen.

Wie unfinanzierbar ist das Pensionssystem? Darauf gehen mehrere Buchbeiträge ein. Gunther Tichy von der Akademie der Wissenschaften etwa hält das Kostenargument Überalterung für überschätzt: Jeder Arbeitende müsse künftig mehr Pensionisten erhalten – aber viel weniger Kinder. Aufgrund der niedrigeren Kinderzahl sei die Belastungsquote niedriger als 1970. Andere Autoren sehen das Hauptproblem bei den Beamtenpensionen: Die durchschnittliche ASVG-Pension beträgt 929, die durchschnittliche Beamtenpension 2582 Euro – daher müsse der Staat für Beamte viel mehr zuschießen.

Auf solche Details wollte sich Haupt nicht einlassen. Und beantwortete auch ausweichend, ob er bis Sommer überhaupt die Harmonisierung verhandelt – oder einer Regierungsumbildung zum Opfer fällt: "Ich bilde die Regierung sicher nicht um." (eli)