Wien - Der ÖGB hat am Freitag sein Pensionsmodell offiziell präsentiert und dabei mit Hilfe des WIFO-Experten Alois Guger auch dessen Finanzierbarkeit betont. Guger hob vor allem die Bedeutung der Beschäftigungspolitik hervor und verwies darauf, dass bei einem gleich bleibenden Beschäftigungswachstum mit dem ÖGB-Modell das Defizit im ASVG-System sinken würde. "Das Konzept kommt den Vorschlägen der Pensionsreformkommission sehr nahe." ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch betonte, dass er damit die von der Regierung heuer beschlossene Reform abschaffen möchte.

Guger unterstellte bei seinen Berechnungen über das ÖGB-Modell ein Beschäftigungswachstum von 0,4 Prozent pro Jahr. Das wäre etwas geringer als in den vergangenen 30 Jahren. Die Erwerbsquote würde damit von 67,6 Prozent im Jahr 2000 auf 79,6 Prozent im Jahr 2030 steigen. Weiters sieht das Szenario ein Produktivitäts- und Lohnwachstum von zwei Prozent und ein Inflationsanpassung der Pensionen vor. Das effektive Pensionsalter der Frauen würde um sechs Jahre, das der Männer um fünf Jahre steigen. Die Ersatzrate der Männer würde um fünf Prozent sinken, jene der Frauen (auch angesichts der besseren Anrechnung der Kindererziehungszeiten) um fünf Prozent steigen. Unter diesem Voraussetzungen würde das Defizit des ASVG-Systems von 1,2 Prozent des BIP im Jahr 2000 auf 1,0 Prozent 2030 sinken.

In einem zweiten Szenario hat Guger nur ein Beschäftigungswachstum von 0,3 Prozent pro Jahr und damit eine Erwerbsquote von 76,5 Prozent im Jahr 2030 angenommen. Das faktische Antrittsalter der Frauen würde dann um 5,5 Jahre steigen, jenes der Männer um gut vier Jahre, die Ersatzrate der Männer würde damit um zehn Prozent sinken, jene der Frauen gleich bleiben. In diesem Modell würde das ASVG-Defizit von 1,2 auf 2,0 Prozent des BIP steigen. Für den WIFO-Experten zeigt dies, wie wichtig die Wachstums- und Beschäftigungspolitik sowohl für die individuellen Pensionshöhen als auch für die Finanzierung des Pensionssystems sind.

ÖGB-Beispiel

Der ÖGB legte Beispiele vor, wonach sein Modell trotz der Einsparungen für das System günstiger für die Versicherten sei als die Reform der Regierung. Ein so genannter "Hackler" mit 45 Beitragsjahren, der am 1. 12. 2004 mit 60 Jahren in Pension geht, würde nach der von der Regierung beschlossenen Reform zehn Prozent verlieren, nach dem ÖGB-Modell nur 0,6 Prozent. Ein 1948 geborener Mann mit 48 Beitragsjahren und acht Monaten, der im Alter von 63 Jahren und acht Monaten am 1. 8. 2012 in Pension geht, verliere mit der Regierungsreform vier Prozent, mit dem ÖGB-Modell gewinne er 1,6 Prozent. Ein 1956 geborener Mann, der mit 50 Beitragsjahren im Alter von 65 am 1. 12. 2021 in Pension geht, verliere nach der Regierungsreform 7,5 Prozent, nach dem ÖGB-Modell gewinne er 5,5 Prozent.

Das ÖGB-Modell sieht bei einheitlichen Beiträgen und Leistungen für alle die Einrichtung eines Pensionskontos vor, auf dem man jederzeit seinen Pensionsanspruch ersehen kann. Ein "Kernunterschied" zum Regierungsmodell ist für den Leitenden Sekretär Richard Leutner, dass die Frühpension nicht abgeschafft wird, sondern eine Wahlmöglichkeit besteht. Das Regelpensionsalter liegt bei 65 bzw. 60 Jahren. Möglich ist aber auch ein Pensionsantritt mit 61,5 bzw. 56,5 Jahren, bei 45 bzw. 40 Versicherungsjahren sogar mit 60 bzw. 55 Jahren. Die Abschläge bleiben bis 2010 wie bisher bei 3,75 Prozent, nach einer Prüfung der Arbeitsmarktlage können sie dann auf vier Prozent steigen.

Auf dem Pensionskonto werden pro Jahr 1,78 Prozent gut geschrieben, womit sich nach 45 Jahren im Alter von 65 Jahren eine Pension von 80 Prozent der Beitragsgrundlage ergibt. Basis ist das durchschnittliche, mit dem Lohnindex aufgewertete Lebenseinkommen. Für Schwerarbeiter soll der Steigerungsbetrag höher sein, womit sie früher eine höhere Pension erreichen können. Bisher erworbene Versicherungszeiten werden nach den bisherigen Recht berücksichtigt, es könne keine rückwirkende Senkung geben, wie es die Regierung mit der Senkung der Steigerungsbeiträge von 2 auf 1,78 Prozent gemacht habe. Dieser "umfassende Vertrauensschutz" ist für den ÖGB der zweite "Kernunterschied" zur Regierung. Einführen will der ÖGB die Reform so rasch als möglich, der Übergang soll mit einer Parallelrechnung erfolgen. Das bedeutet, dass der Versicherungsverlauf nach dem neuen und dem alten Recht berechnet wird und dann beide Ergebnisse anteilsmäßig berücksichtigt werden. (APA)