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ÖBG-Präsident, Klappe die Vierte? Fritz Verzetnitsch wird sich beim Bundeskongress des Gewerkschaftsbundes zum vierten Mal der Wiederwahl stellen.

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Marin lobt, "dass die Harmonisierung nicht nur für die unter 35-Jährigen gilt. Da ist der ÖGB besser als die Regierung."

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Wien - "Der ÖGB ist ein ernsthafter, ernst zu nehmender Reformpartner. Reformmotor ist er aber nicht. Mit ein paar Ausnahmen, wo er sehr weit gegangen ist." Sozialexperte Bernd Marin spannt seine Beurteilung des ÖGB-Pensionsmodells zwischen die Pole "erfreulich überraschend" und "nicht durchgerechnet".

"Besser als die Regierung"

Großes Lob zollt der Leiter des europäischen Zentrums für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung dem ÖGB dafür, "dass die Harmonisierung nicht nur für die unter 35-Jährigen gilt. Da ist der ÖGB besser als die Regierung." Zwar bedeute das ÖGB-Modell auch eine 30-jährige Übergangszeit, "aber immerhin 30 Jahre bis zum Ende eines Auslaufmodell und nicht 30 Jahre Fortsetzung von etwas Unsinnigem wie der geltenden berufsständischen Segregation".

Die Bezeichnung "Reformmotor" würde Marin dem ÖGB auch für dessen Forderung für den öffentlichen Dienst verleihen. Die Beamten sollen ihre erworbenen Ansprüche mitnehmen, aber ab einem Stichtag nach dem neuen, harmonisierten System Pensionsansprüche erwerben. Und dass es künftig auch für die Beamten eine Höchstbemessungsgrundlage wie im ASVG geben solle, sei "sensationell", sagt Marin im STANDARD-Gespräch.

Positiv beurteilt er auch das Schwerarbeitermodell, den allgemeinen Beitragssatz für alle Berufsgruppen und die Mindestsicherung.

Kritik an Bartenstein

Dass Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (VP) die im ÖGB-Modell geforderte bessere Bewertung der Kindererziezungszeiten mit der Frage "Wer soll das bezahlen?" quittierte, hält Marin "gerade für die angebliche Familienpartei eine sehr seltsame Formulierung". Denn der Vorschlag sei wichtig und gut. Habe aber einen Haken: Wo der ÖGB als Basis für die Sonderbeitragsgrundlage das Durchschnittseinkommen nimmt, wäre Marin dafür, für Frauen den Frauen- und für Männer den Männerdurchschnitt heranzuziehen. "Gesellschaftspolitisch wünschenswerter Nebeneffekt": Das wäre ein Anreiz für Väter, in Karenz zu gehen.

Schwachstellen

Als ein Beispiel für mehrere "Schwachstellen" im ÖGB- Modell, das en gros eher ein "Schönwettermodell" sei, führt Marin die aufgeschobene Lösung für Invaliditätspension an. Das betreffe die Hälfte der männlichen Pensionisten.

Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger begrüßte die Gewerkschaftsoffensive zur Harmonisierung. (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe, 10.10.2003)