Bild nicht mehr verfügbar.

Das Gaswerk Mellach bei Graz wird aus wirtschaftlichen Gründen temporär eingemottet.

Foto: apa/sommer

Wien/Graz - Verkaufsgespräche hätten sich zerschlagen, eine Besserung der wirtschaftlichen Lage sei nicht in Sicht. Deshalb sehe man sich gezwungen, fünf Kraftwerke, darunter Mellach, Neudorf/Werndorf II (beide Steiermark) sowie Dürnrohr in Niederösterreich dichtzumachen. So begründete Österreichs größter Stromerzeuger am Mittwoch den bis dato einmaligen Schritt.

Mit einem Schlag fehlen in Österreich 1500 Megawatt (MW) Leistung - das sind knapp 14 Prozent der Verbund-Erzeugungskapazität von 10.400 MW. Das könnte den Importbedarf, der schon im Vorjahr deutlich gestiegen ist, weiter in die Höhe treiben, befürchten Kritiker. Von den Kraftwerksschließungen in Österreich sind rund 100 Mitarbeiter betroffen. Sie sollen nach Möglichkeit in anderen Konzernbereichen unterkommen, sagte Verbund-Sprecherin Ingun Metelko dem Standard. Die Kosten der Schließung stünden noch nicht fest.

Lob und Tadel

Die Maßnahmen sollen bei der Aufsichtsratssitzung nächste Woche beschlossen werden. Aufsichtsratschef Gilbert Frizberg sprach am Mittwoch von einem "mutigen Schritt" des Verbund-Vorstandsgremiums.

Während Grüne und Umweltgruppen den (Teil-)Rückzug aus der fossilen Stromerzeugung begrüßten, gab es auch Kritik. "Das ist kein freundlicher Akt gegenüber der Steiermark. Es besteht eine eindeutige vertragliche Garantie des Verbunds aus 2013, dass die nötige Fernwärme für die steirischen Kunden im Großraum Graz bis zum Jahr 2020 gesichert geliefert wird", kritisierten Vorstandssprecher Christian Purrer und Vorstandsdirektor Olaf Kieser von der Energie Steiermark.

"Die Fernwärmeversorgung von Graz ist gesichert," heißt es beim Verbund. Die beiden Energie Steiermark-Chefs verlangen aber, "dass zusätzlich zu dem weiterhin in Betrieb bleibenden Steinkohlekraftwerk Mellach selbstverständlich dort auch eine entsprechende Reservekapazität - für den möglichen Fall einer Störung - zur Verfügung stehen muss".

Ab 2020 wird das steirische Energieunternehmen gemeinsam mit Partnern die gesamte Fernwärmeproduktion für Graz samt Lieferung übernehmen.

Bei jeder Kilowattstunde Strom aus dem 2012 in Betrieb gegangenen Gaskraftwerk Mellach musste der Verbund zuletzt Geld drauflegen. Grund ist das vergleichsweise teure Gas aus Russland, das einen wirtschaftlichen Betrieb des um 550 Mio. Euro errichteten Kraftwerks bei gegebenen tiefen Strompreisen auf dem Großhandelsmarkt nicht zulässt. Besserung zeichnet sich erst 2020 ab, wenn weitere Kernkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen.

Parallel zu Mellach wird Verbund auch seine Gaskraftwerke in Frankreich (Pont sur Sambre und Toul) einmotten. Das dauert sechs bis neun Monate. Sollte sich die Situation bessern, will man die Gaskraftwerke wieder reaktivieren, was aber ebenfalls einige Monate dauern wird. Was mit dem Verbund-Block in Dürnrohr nach der Schließung passiert, ist noch offen. EVN, die einen zweiten Block betreibt, hat keine Schließungsabsicht. (Günther Strobl, Walter Müller, DER STANDARD, 15.5.2014)