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Spitalsmediziner müssen ihre Arbeitszeit zum Teil drastisch reduzieren, was viele von ihnen ablehnen: Weniger Arbeitszeit und weniger Überstunden bedeuten auch ein geringeres Gehalt.

Foto: APA/dpa/Heimken

Wien/Graz/Salzburg - Der Streit zieht sich schon einige Zeit hin. Die EU urgiert in regelmäßigen Abständen, Österreich solle in den Spitälern endlich die europäischen Arbeitszeitrichtlinien für Spitalsärzte einhalten. Als Maximalrichtwert gelten 48 Stunden pro Woche, im österreichischen Krankenanstaltengesetz sind aber bis zu 72 Stunden erlaubt - und werden auch angewandt. Sollte Österreich nicht umgehend einlenken, drohe ein Vertragsverletzungsverfahren, hieß es Mitte März in einem Mahnschreiben. Die Regierung habe einen Monat Zeit, um auf die Mahnung mit entsprechenden Vorschlägen zu reagieren. Ansonsten werde in der Folge ein Verfahren eingeleitet.

Derart aufgeschreckt haben die Krankenanstaltengesellschaften in den Bundesländern begonnen, die Konsequenzen einer reduzierten Arbeitszeit für ihre Mediziner in den Spitälern zu eruieren und schlagen jetzt Alarm: Die Salzburger Spitäler etwa würden auf einen Schlag zusätzlich rund 60 Ärzte und Ärztinnen benötigen, was Mehrkosten von vier Millionen Euro bedeuten würde, heißt es in den Salzburger Landeskliniken (Salk). Wobei Salzburg noch glimpflich davonkomme, weil hier in den letzten Jahren durch Arbeitszeitreduzierungen schon etwas vorgesorgt worden sei.

Ein deutlicher Mehrbedarf an ärztlichem Personal käme auf Kärnten zu. In den dortigen Spitälern wurden die Dienste in den letzten Jahren zwar ebenso bereits heruntergeschraubt, dennoch müssten durch die EU-Arbeitszeitvorgabe 75 neue Mediziner eingestellt werden. Dies sei nur über eine "Korridorlösung" machbar, heißt es in der Chefetage der Kärntner Landeskrankenanstaltengesellschaft Kabeg.

"Schier unlösbar"

In der Steiermark steht die dortige Kages vor einem - wie es in der Leitung der Krankenanstalten-Holding heißt - "schier unlösbaren Problem" . Es würden, wenn die EU-Richtlinien umgesetzt werden, 650 neue Ärzte benötigt, um den Betrieb aufrechtzuerhalten zu können. Derzeit sind 2500 Ärzte angestellt - bei einem Personalstand von 17.000 Beschäftigten. Die Aufstockung würde Mehrkosten zwischen 25 und 30 Millionen Euro nach sich ziehen. Das zusätzliche Problem: so viele Ärzte, wie benötigt, "gibt es am heimischen Markt gar nicht", heißt es.

Kages-Vorstandsvorsitzender Karlheinz Tscheliessnigg gibt auch zu bedenken, dass zahlreiche Ärzte eine Änderung der Arbeitszeiten ablehnten, weil die Reduzierung natürlich eine Schmälerung ihres Gehalten um bis zu einem Drittel bedeuten würde. Auch hätte eine geringere Anwesenheit im Spital negative Auswirkungen auf die Ausbildungsqualität der Ärzte. Tscheliessniggs Vorschlag: Ärzte sollten die Möglichkeit erhalten, freiwillig aus den EU-Arbeitszeitrichtlinien aussteigen zu dürfen. "Für mich der einzig gangbare Weg."

Der Personaldirektor der Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH (Tilak), Markus Schwab, rechnet mit einem österreichweiten Mehrbedarf von 500 bis 1000 Ärzten. Die größeren Tiroler Kliniken seien weniger betroffen, weil man hier die Arbeitszeit sukzessive reduziert habe. In kleineren Tiroler Spitälern sei die Arbeitszeitvorgabe der EU aber ein brisantes Problem, zumal diese einen größeren Arbeitszeitspielraum, bräuchten.

Eher verschlossen zeigt man sich im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV). "Wir halten uns an die gesetzlichen Vorgaben. Sollte es zu Änderungen kommen, werden wir uns damit beschäftigen, wenn es so weit ist", heißt es. (Walter Müller, DER STANDARD, 10.4.2014)