Alpbach - Für den Sozialforscher Bernd Marin ist in "spätestens ein, zwei Legislaturperioden" die Einführung einer Pensionistensteuer "unausweichlich". Das sagte Marin am Montagabend im Gespräch mit "Ö1" am Europäischen Forum Alpbach. Weil Pensionisten heute noch rund 16 Prozent Rendite auf ihre Pensionsbeiträge erhielten und künftige Generationen kaum mehr die eingezahlten Beiträge herausbekommen würden, werde man - um einen Ausgleich zu schaffen - um eine Besteuerung der derzeitigen Pensionen "nicht herumkommen".

"Selbstbedienung an öffentlichen Kassen"

Abgewickelt soll diese Besteuerung über ein individuelles Pensionskonto werden. Dabei sollen die Einzahlungen den Ausgaben gegenübergestellt werden. Jene "Überzahlung", die nicht durch Beiträge gedeckt ist, soll danach besteuert werden. Wie hoch der Steuersatz auf diese Überzahlung sein soll, sei "eine politische Entscheidung", wollte sich Marin nicht festlegen.

Am stärksten betroffen wären laut dem Sozialforscher vor allem Politiker und Beamte. Politiker würden derzeit im Schnitt um 85 Prozent mehr Pension erhalten, als sie in den Pensionstopf eingezahlt hätten. Marin spricht von "Selbstbedienung an öffentlichen Kassen". Auch die Höhe der Beamtenpensionen bezeichnet er als "unfairen Zustand". 10 Prozent aller Pensionszuschüsse des Staates fielen für Beamtenpensionen an.

Generell, so Marin, sei die Überzahlung bei Leuten mit kurzer steiler Karriere am Ende der beruflichen Laufbahn am größten. Einer Arbeiterin mit flachem Einkommensverlauf würden hingegen sogar acht Prozent ihrer erbrachten Beitragsleistungen vorenthalten, obwohl dies eigentlich verfassungsrechtlich verboten sei.

"Sozialer Friede"

Marin bezeichnete dieses Ungleichgewicht als "absurd". Grund dafür sei, dass die Anpassungsfaktoren für die einbezahlten Beträge nicht die Realität widerspiegelten. Diese Anpassungsfaktoren müssten daher so angepasst werden, dass den einen mit hoher Rendite schrittweise etwas weggenommen und den anderen schrittweise etwas dazugegeben werde.

"Wenn sich die Leute weiterhin auf die Dauer noch einmal zwanzig bis dreißig Jahre so viel zu viel aus dem Generationenvertrag herausnehmen, werden die Jungen uns den Vertrag aufkündigen oder andere Formen wählen, sich um die Beiträge zu drücken", warnt der Sozialforscher. Die Pensionen "ungeschmälert aufrecht zu erhalten" sei "einfach nicht möglich". Die "Geschäftsgrundlagen" hätten sich so verändert, dass der Vertrag neu ausverhandelt werden müsse. "Wenn man das nicht macht, wird es einen furchtbaren und schrecklichen Sozialbürgerkrieg geben", sagt Marin. (APA)