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Der EuGH sieht die österreichische Gesetzeslage nicht mit EU-Recht vereinbar.

Foto: ap/gross

Brüssel - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Österreich wegen seiner Regeln zur Eröffnung neuer Apotheken verurteilt. Die österreichische Gesetzeslage besagt, dass eine Apotheke zumindest ein Versorgungspotenzial von 5.500 Personen erreichen muss. Der EuGH sieht damit in manchen ländlichen Regionen die Versorgungssicherheit gefährdert.

"Die in Österreich bei der Neuerrichtung von Apotheken angewandten demografischen Kriterien sind nicht mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar", heißt es in dem Urteil vom Donnerstag. Dies bedeutet de facto künftig mehr Konkurrenz für die Apotheken. Der EuGH erklärt dazu, dass die Niederlassungsfreiheit einer Regelung entgegensteht, die es den zuständigen Behörden nicht erlaubt, örtliche Besonderheiten zu berücksichtigen und damit von der starren Zahl der weiterhin zu versorgenden Personen abzuweichen.

Klage aus Pinsdorf

Anlassfall war eine Klage einer Österreicherin, die im oberösterreichischen Pinsdorf eine öffentliche Apotheke errichten wollte. Dieses Ansuchen war mit der Begründung abgelehnt worden, dass im Gebiet der Gemeinde kein Bedarf bestehe. Einem Gutachten der österreichischen Apothekerkammer zufolge hätte die Errichtung einer Apotheke in Pinsdorf bewirkt, dass das Versorgungspotenzial der benachbarten Apotheke in der Gemeinde Altmünster deutlich unter 5.500 Personen gekommen wäre. Das Verwaltungsgericht ersuchte daraufhin den Europäischen Gerichtshof zu entscheiden, ob die Niederlassungsfreiheit hier einer nationalen Regelung entgegensteht.

Zudem stellte der EuGH fest, dass bei der Anwendung des Kriteriums der Zahl der weiterhin zu versorgenden Personen die Gefahr bestehe, dass für bestimmte Personen - vor allem Menschen mit eingeschränkter Mobilität - in ländlichen und abgelegenen Regionen außerhalb der Versorgungsgebiete von Apotheken kein gleicher und angemessener Zugang zu Apothekendienstleistungen sichergestellt sei. Die österreichische Regelung verstoße dadurch, dass sie es den "zuständigen nationalen Behörden nicht erlaube, von dieser starren Grenze abzuweichen, um örtliche Besonderheiten zu berücksichtigen, gegen das unionsrechtliche Gebot, dass das angestrebte Ziel in kohärenter Weise zu verfolgen ist".

Apotheker sehen Gebietsschutz nicht in Gefahr 

Die heimischen Apotheker sehen ihren Gebietsschutz durch das EuGH-Urteil nicht gefährdet. Die Bedarfsregelung, die dem EU-Gericht zu starr ist, müsse weiter fortbestehen. Dies sei für die flächendeckende Medikamentenversorgung der Österreicher erforderlich. Laut Apothekerkammer müssen nun lediglich Details nachgeschärft werden.

Bisher gibt es in Österreich de facto einen Gebietsschutz für Apotheken: Erst ab einem bestimmten Einzugsgebiet darf ein neuer Standort aufgemacht werden. Die Apothekerkammer jedenfalls "kommt zum Schluss, dass die österreichische Bedarfsregelung des Apothekengesetzes grundsätzlich weiterhin zulässig ist", wie sie in einer Aussendung am Donnerstag erklärte. Ohne Bedarfsregelung würden vermehrt Apotheken an attraktiven Standorten in Ballungszentren eröffnen - zum Nachteil der Menschen auf dem Land, argumentiert die Standesvertretung. Puncto Öffnungszeiten hat sich aber etwas getan: In Wien dürfen Apotheken seit einem Jahr auch am Samstagnachmittag und unter der Woche bis 19 Uhr offen haben. (red/APA, derStandard.at, 13.2.2014)