Beirut/Damaskus/Aleppo - Notleidende Zivilisten sollen "sehr bald" die seit eineinhalb Jahren belagerten Viertel der syrischen Stadt Homs verlassen dürfen. Der Gouverneur der Stadt, Talal al-Barazi, sagte am Donnerstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Sana, die Regierung in Damaskus habe sich mit den Vereinten Nationen auf eine entsprechende Vereinbarung verständigt.

Wie Sana meldete, einigte sich der Gouverneur von Homs mit dem örtlichen UNO-Koordinator Yaacoub El Hillo auch darauf, Hilfslieferungen zu den eingeschlossenen Zivilisten zu lassen. Den Zivilisten, die sich für das Verlassen der Stadt entschieden, würden Essen, Unterkünfte und medizinische Hilfe bereitgestellt, meldete Sana. Ein Aktivist namens Abu Siad schrieb der Nachrichtenagentur AFP aus Homs, viele Familien stünden für die Abreise bereit.

 Bereits vor knapp zwei Wochen wurde eine ähnliche Einigung verkündet, einen Tag später folgte aber das Dementi. Der internationale Syrien-Sondergesandte Lakhdar Brahimi hatte Ende Jänner auf der Friedenskonferenz in Genf verkündet, dass die syrische Regierung zugesagt habe, Frauen und Kinder aus der belagerten Stadt zu lassen. Anschließend warfen Opposition und Regierung als Gegner im Bürgerkrieg sich aber gegenseitig vor, die Umsetzung der Abmachung zu blockieren. Zudem gab es keine Einigung zu den in der Stadt eingeschlossenen Männern und zur Belieferung mit Hilfsmitteln.

Strategische Stadt

Die Region um Homs ist seit langem Schauplatz erbitterter Kämpfe. Sie liegt im Zentrum des Landes an der strategisch wichtigen Autobahn zwischen Damaskus und Aleppo im Norden. In von Rebellen kontrollierten Vierteln der Stadt, die seit Juni 2012 von der Armee belagert und beschossen werden, leben nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 3.000 Zivilisten ohne ausreichend Nahrung und Medikamente.

Islamistische Rebellen befreiten unterdessen in Aleppo Hunderte Häftlinge aus dem dortigen Zentralgefängnis, wie die oppositionsnahe Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete. Kämpfer der Ahrar-al-Sham-Brigaden und der Al-Nusra-Front hätten die Kontrolle über 80 Prozent des zentralen Gefängnisses erlangt und Hunderte Häftlinge befreit, sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman. Es seien 20 Soldaten und zehn Rebellen getötet worden, doch werde im Gefängnis weiter gekämpft.

Demnach begann der Angriff mit einem Selbstmordanschlag am Eingangstor. Das syrische Staatsfernsehen meldete dagegen, die Armee habe einen Angriff auf das Gefängnis abgewehrt und zahlreiche Rebellen getötet. Die Rebellen haben bereits wiederholt versucht, das Gefängnis zu erobern, in dem rund 3.000 Häftlinge unter katastrophalen Zuständen inhaftiert wurden.

Laut der Beobachtungsstelle wurden in Aleppo bei Angriffen der Regierungsarmee mit Fassbomben in den vergangenen fünf Tagen knapp 250 Menschen getötet, darunter 73 Kinder. Tausende Menschen seien aus den Vierteln im Osten der einstigen Handelsmetropole geflohen. Die Armee versucht seit Dezember mit einer Großoffensive, die Rebellen zurückzudrängen und die von ihnen gehaltenen Viertel zurückzuerobern.

Seit dem Beginn des Aufstands gegen Machthaber Bashar al-Assad im März 2011 wurden Schätzungen zufolge mehr als 136.000 Menschen getötet. Mehrere Millionen flohen in dem bald drei Jahre andauernden Bürgerkrieg aus ihren Häusern, ein Großteil der im Land verbliebenen Bevölkerung ist auf Hilfe angewiesen. Die Gespräche über eine Lösung des Konflikts brachten bei der Konferenz in Genf kaum Fortschritte.  (APA, 6.2.2014)