Wer unheilbar krank ist und Schmerzen leidet, dem soll das Sterben in Würde erlaubt sein. Bei diversen Umfragen gibt es dafür einen großen Konsens in der Bevölkerung; vor allem unter älteren Menschen, die angstvoll in ihre eigene Zukunft blicken.

Das ist einleuchtend. Nicht jeder von uns wird sanft entschlummern, nicht alle Angehörigen können es gleich gut ertragen, wenn geliebte Menschen in Furcht und Schmerz vergehen. Doch wie sieht es mit der Zustimmung bei körperlich Intakten, aber seelisch Kranken aus? Wer akzeptiert und unterstützt den Wunsch eines Witwers, der den Tod der Einsamkeit vorzieht? Spätestens bei der Frage, ob kranken Kindern das Sterben erleichtert werden darf, ist die Antwort nicht mehr schwarz oder weiß, sondern grau.

Unerträgliches Leid lässt sich nicht auf den körperlichen Schmerz reduzieren, die Grenzen verschieben sich mit jedem einzelnen Fall. Und wer zieht am Ende die Grenze und entscheidet über Tod oder Leiden? Wer sich mit dem Sterben befasst, wird schwer eine generelle Antwort darauf finden, ob und unter welchen Umständen Sterbehilfe gewährt wird - und wann nicht.

Autonomie und Würde sind nicht Sache der gesetzlichen Formulierung, die entweder alle mit einschließt oder alle exkludiert. Die Debatte über das Lebensende ist ein ausführlicher, gesellschaftlicher Prozess und keine Koalitionsbedingung einer auf fünf Jahre gewählten Regierung. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 30.1.2014)