Langes Herumliegen in einem Spitalsbett soll die Ausnahme werden - das ist ein konkretes Vorhaben der Gesundheitsreform.

Foto: standard/fischer

Wären die neun Landesgesundheitsreferenten in einer Schulklasse, Sonja Wehsely wäre die Musterschülerin. Die rote Wiener Gesundheitsstadträtin hat das Paket, das als Gesundheitsreform firmiert, nicht nur federführend verhandelt, sie hat auch bereits im Oktober vergangenen Jahres - nur wenige Monate nach der Einigung auf einen Bundeszielsteuerungsvertrag - einen Landeszielsteuerungsvertrag inklusive detaillierten Jahresarbeitsprogramms für das Jahr 2014 vorgelegt.

Am Wiener Papier lässt sich gut ablesen, was sich hinter den vielen abstrakten Begriffen und hehren Zielen versteckt. Zum Beispiel sollen Bewohner von Pflegeheimen bei kleineren medizinischen Notfällen künftig nicht mehr mit Blaulicht ins Spital gebracht, sondern von niedergelassenen Ärzten direkt in der Pflegeeinrichtung betreut werden. Spart Geld für das Gesundheitssystem, spart Nerven für die Patienten, die sich die Aufregung, den Weg und die Wartezeit in der Ambulanz ersparen. Deren Entlastung ist das zentrale Ziel der Gesundheitsreform.

"Messbare Ziele setzen"

Weitere konkrete Eckpunkte im Wiener Landeszielsteuerungsvertrag sind die interdisziplinäre Versorgung von chronisch Kranken (etwa Diabetespatienten), Früherkennung und -behandlung von Demenzkranken und mehr tagesklinische Behandlungen. Außerdem arbeiten Stadt, Gebietskrankenkasse und Pensionsversicherungsanstalt an einem Modell für die integrierte Behandlung von Alkoholkranken, die bis zur sozialen Wiederintegration gehen soll. "Messbare Ziele setzen" - das ist für Wehsely der Kern der Gesundheitsreform.

Sie beteuert, auch die Kommunikation zwischen den einzelnen Playern im Gesundheitssystem habe sich völlig verändert - bei Verhandlungen werde nicht mehr überlegt, wer wem wann warum etwas Böses wollen könnte.

Zumindest virtuell wurden auch die Finanztöpfe von Kassen und Ländern zusammengeführt, es kann, salopp gesagt, dem einen nicht mehr egal sein, wie der andere wirtschaftet. Regelmäßig muss an das Gesundheitsministerium berichtet werden, wie die neue Zusammenarbeit läuft.

Reibungsverluste in St. Pölten

Acht Landeszielsteuerungsverträge sind bis Ende vergangenen Jahres im Ressort von Alois Stöger (SPÖ) eingetrudelt; nur Niederösterreich hinkt hinterher, was hinter vorgehaltener Hand dem Umstand zugeschrieben wird, dass nach der Landtagswahl im März 2013 die Gesundheitskompetenzen aufgesplittert wurden: Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (VP) ist weiterhin für die strategische Planung zuständig, um das Operative kümmert sich sein Parteifreund Karl Wilfing. Da galt es nicht nur zu klären, was das im politischen Tagesgeschäft heißt, es mussten auch einige Dinge neu organisiert werden, wie etwa die Strukturen im Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds (Nögus).

Die vom Gesundheitsministerium gewährte Nachfrist für das fehlende Papier dauert noch bis Ende März. In St. Pölten betont man, diese Deadline werde man locker einhalten. Und selbst die rote Musterschülerin Wehsely hat Verständnis für die schwarzen Schlusslichter: Man sei insgesamt auf einem so guten Weg, dass es auf ein, zwei Monate auf oder ab nicht ankomme. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 21.1.2014)