Am Wochenende rief ÖVP-Obmann Michael Spindelegger die ÖVP-Granden nach Wien. Es sollte endlich Schluss sein mit den Querschüssen der West-Achse und den Vorschlägen der Landeshauptleute aus Vorarlberg, Tirol und Salzburg jenseits der Parteilinie. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, drohte Spindelegger angeblich auch gleich mit Rücktritt.

Im Forum überschlugen sich die User mit Unterstützung für diese Idee. In knapp 1000 Postings findet sich kaum ein User, der der Meinung ist, Spindelegger solle weitermachen. Und wenn es doch jemand tut, wird das Posting von der Community sofort unter Ironie-Verdacht gestellt. Als Nachfolger werden Sebastian Kurz und Reinhold Mitterlehner gehandelt. Aber wie User "green job" meint, tritt es sich in Österreich so schnell nicht zurück.

War die Rücktrittsdrohung am Ende nur eine Pointe, die der ÖVP-Chef vor dem Witz verraten hat, fragt sich ein User. Ein geposteter Youtube-Link liefert jedenfalls ein Indiz, dass Spindelegger ein verkappter Kabarettist sein könnte.

Vizekanzler Spindelegger erzählt einen Witzentfernen

Das Forum ist für den Vizekanzler jedenfalls ein schwieriges Publikum. Anscheinend haben die User nicht vergessen, dass Michael Spindelegger, wie auch Werner Faymann, die einzigen Spitzenkandidaten der Nationalratswahlen sind, die nicht zum derStandard.at-Chat gekommen waren.

Freund(erlwirtschaft)

Während Michael Spindelegger im Forum abgewatscht wird, feiert die User-Community die Nominierung von Eugen Freund als Spitzenkandidat der SPÖ für die EU-Wahl. Selten, dass sich die User so einig sind: Eugen Freund, der sympathisch, kompetente Außenpolitik-Experte – Spindelegger könnte fast neidisch werden.

Vereinzelte Postings fordern dann doch, erst einmal abzuwarten, welche politischen Standpunkte Eugen Freund vertritt. Inhalte seien doch auch wichtig. Vor allem aber der Wechsel vom ORF in die Politik ist für viele User ein rotes Tuch. Das werfe ein schiefes Licht auf die Unabhängigkeit des ORF, wenn hinter Journalisten Parteigänger vermutet werden, die nur auf ihre Chance zur Politkarriere warten. Während Journalisten eine beliebte Personalreserve für Parteien sind und beim Wähler gut ankommen, ist der Wechsel aus der Politik in eine Redaktion tabu. Man stelle sich vor, Erwin Pröll würde seinen Landeshauptmannsessel räumen, um Chefredakteur bei einer Zeitung zu werden – #aufschrei.


Das Thema der Woche

Ein Bericht über die Mitgliederzahlen der Katholischen Kirche, ein Streitgespräch über das Verhältnis von Kirche und Staat und das Antrittsinterview des neuen Salzburger Erzbischofs. Drei Artikel, mehr brauchte es nicht: Über 4000 Postings zum Thema Kirche.

Faszinierend, was die Community bei diesem Thema bewegt, kommt sie doch in subjektiver Wahrnehmung recht religionskritisch daher. So sind dann auch viele Postings reine Schadenfreude ob der gesunkenen Mitgliederzahlen. Das Forum hat aber mehr zu bieten: Hier werden Bibelstellen fachkundig exegiert, über die Sinnhaftigkeit von Religion an sich philosophiert oder Definitionsversuche gewagt, was eigentlich Religion und Kirche sind.

Gut, dass sich am nächsten Tag Ewald Stadler und Niko Alm einstellten, um über Kirche und Staat zu diskutieren, die User waren ja bereits in Fahrt. Stadler sagt Sätze wie "wir Katholiken haben einen Missionsauftrag und müssen dafür sorgen, dass die Mehrheit wieder katholisch wird" oder "nicht nur das Kreuz, sondern das Kruzifix soll in der Klasse hängen. Es ist das tragende Heilssymbol unseres Landes" und plötzlich herrscht im Forum Unklarheit darüber, wer jetzt was ironisch meint: Niko Alm, der sich wegen eines Nudelsiebs mit den Behörden angelegt hat oder Ewald Stadler. Darüber lässt sich trefflich streiten und die User nehmen es sportlich.


Das freut uns sehr und wir möchten Sie gleich zurück fragen:

Haben Sie Vorschläge für ein episches Streitgespräch?

Zum Schluss wollen wir Ihnen dieses Schmankerl, eine Montage von User "Feuerzeug" aus dem Forum von Cremers Photoblog, nicht vorenthalten. Vorzugsweise mit einem Lied vom Saturday Night Fever Soundtrack anhören.


Foto: STANDARD/cremer, GIF: User "Feuerzeug"

(Florian Stambula, derStandard.at, 18.1.2014)