Werner Faymann hat in der Beziehung zu seiner Tochter Flora also "ein paar Fixpunkte", verriet er dem Kurier vor den Nationalratswahlen im vergangenen Herbst. Etwa, dass er sie "mindestens ein bis zwei Mal pro Woche" zur Schule begleitet. "Flora fährt meistens mit dem Roller, den ich dann wieder nach Hause schiebe." Weiters ließ der Bundeskanzler wissen, dass er die damals 10-Jährige "immer wieder für ein paar Stunden mit ins Bundeskanzleramt" nehme.

Einen Aufschrei der Empörung gab es damals nicht. Vielleicht glaubt ihm das ohnehin keiner.

Darf er denn das?

Anders verläuft die Diskussion jetzt im Fall des deutschen Vizekanzlers Sigmar Gabriel: Seit der in der "Bild" freimütig bekundet hat, dass er künftig jeden Mittwochmittag Töchterchen Marie vom Kindergarten abholen will, reißt die Diskussion nicht ab. Die Ansätze für Kritik reichen von Fragen wie "Darf der das in seiner Position?", über "Instrumentalisiert der mit den Tweets über Mariechen nicht seine Tochter?" bis hin zu "Widerspricht ein SPD-Politiker, der öffentlich für Ganztagskindergartenplätze eintritt, die eigene Tochter aber bereits zu Mittag abholt, nicht der Parteilinie?". Fehlt nur noch das Argument, Sigmar Gabriel sei eigentlich ein Rabenvater, weil er nur einen Nachmittag pro Woche für seine Tochter freihält.

"Viel von zu Hause aus steuern"

Dabei ist Gabriel mit seinem Familienengagement nicht alleine: Auch die Siebenfach-Mutter Ursula von der Leyen hofft als neue deutsche Verteidigungsministerin, dass sie "weiterhin viel von zu Hause aus steuern" kann. Kollegin Manuela Schwesig, die neben ihrem Job als deutsche Familienministerin auch Mutter eines sechsjährigen Sohnes ist, will "vieles von" ihrem "heimischen Schreibtisch aus" erledigen. Die Aufregung blieb aus. Gabriels Bekenntnis zu mehr Familienzeit war jetzt sogar dem britischen Guardian eine Geschichte wert.

Nicht der Erste

Vor dem Vizekanzler sorgte zuletzt Ex-Zentralbankmanager Jörg Asmussen für Schlagzeilen. Er legte den hoch dotierten Job in der Europäischen Zentralbank zurück, um künftig in Berlin den Staatssekretär zu machen. Seine Begründung damals im Stern: "Das Gesamtpaket aus Beruf und Privatem ist einfach besser. Wenn man pendelt, nimmt man nicht regelmäßig am Familienleben teil. Man ist einfach raus."

Das erlebt auch Österreichs Vizekanzler Michael Spindelegger immer wieder, erzählte er dem Kurier: "Natürlich trägt einen Großteil der Erziehung meine Frau. Sie bringt unsere Söhne (damals 11 und 13 Jahre, Anm.) zum Fußball oder ist für das Wochenend-Programm zuständig, wenn ich nicht da bin." Oft würde er zwar Termine verschieben, aber "dann rufe ich wieder Margit an uns sage: 'Entschuldigung, aber ich schaffe es heute nicht, die Kinder abzuholen.'"

Das wird bei Gabriel's zweijähriger Tochter Mariechen wohl auch hin und wieder vorkommen. Er lässt es die Welt bestimmt via Twitter wissen. (riss, 7.01.2014)