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Backcheck: Auffälligkeiten, Anekdoten und Analysen aus der EBEL. Jeden Dienstag.

Die Konturen dessen, was Mitte Januar die Abschlusstabelle nach der ersten Phase des Grunddurchgangs darstellen wird, werden klarer. Vorne weg scheint Salzburg, das aktuell bei elf Siegen in Serie hält, nicht aufzuhalten zu sein, dahinter gibt Neueinsteiger Bozen weiterhin eine sehr gute Figur ab. Es folgt ein breites Mittelfeld, in dem sich sechs Klubs um vier Plätze in der Platzierungsrunde streiten, während die aktuell auf den Rängen neun bis zwölf platzierten Teams schon jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit in Richtung Qualifikationsrunde schippern.

Villacher Lernkurven

Auf einen ansehnlichen Erfolgslauf seit dem International Break kann der Villacher SV verweisen: Die Adler gewannen alle vier Spiele, erzielten dabei 24 Treffer und rückten in der Tabelle auf Rang drei vor. Zwar gelangen drei der vier Siege gegen Teams aus den unteren Tabellenregionen, insgesamt konnte der VSV aber 64 Prozent seiner bisherigen Partien gewinnen, was dem zweitbesten Wert in der Liga entspricht.

Beim 7:3 gegen ersatzgeschwächte Black Wings Linz am Sonntag spielten sich vor allem sonst weniger häufig im Rampenlicht stehende Akteure in den Vordergrund. Gleich zwei Tore und fünf Scorerpunkte gingen auf das Konto der nominell vierten Linie mit Marius Göhringer, Patrick Platzer und Alexander Rauchenwald. Dem Juniorenalter sind alle drei - zusammen bereits 266 Ligaeinsätze - zwar schon entwachsen, am Ende der Entwicklung ihres Potenzials sind sie jedoch noch nicht angekommen. Paradox: Die Formation harmoniert gut, der Schlüssel für eine wesentliche Steigerung des Leistungsniveaus liegt aber dennoch darin, sie zu trennen. Im stetig gleichen Verbund mit an Klasse ähnlichen Spielern wird ihre Lernkurve zunehmend abflachen, Trainer Hannu Järvenpää wäre gut beraten, Göhringer, Platzer und Rauchenwald an der Seite von stärkeren und erfahreneren Cracks reifen zu lassen.

Der König der "Zangler" kehrt zurück

Für die Kampfmannschaft des VSV spielte Roland Kaspitz zwölf Jahre lang, nun steht er nach Abstechern in die zweiten Ligen Deutschlands und Schwedens vor einer Rückkehr in die EBEL. Der Mittelstürmer mit dem Erfahrungsschatz von 684 Ligaspielen wird sich allerdings nicht seinem Stammverein Villach, sondern den Graz 99ers anschließen, bei denen er die bereits Anfang Oktober thematisierte Lücke im Angriffszentrum schließen soll.

Kaspitz ist ein - für österreichische Verhältnisse - technisch äußerst begabter Spieler, der es versteht, seine Flügel ideal in Szene zu setzen. Zwar neigt der heute 32jährige zu übertriebener, letztlich die Effizienz mindernder Verspieltheit, dennoch überzeugte er stets mit seiner Punkteausbeute (0,78 pro EBEL-Karrierespiel). Ihm häufig zugeschriebene defensive Mängel sind relativ: Noch nie seit Beginn der Erfassung von Plus/Minus-Statistiken im Jahr 2000 beendete Kaspitz eine Saison in der höchsten österreichischen Spielklasse mit einem negativen Wert.

Even Strength als wichtiger Indikator

In der modernen, datenbasierten Analyse des Eishockeys hat in den letzten Jahren - sowohl auf Individual- als auch auf Teamebene - kaum eine Kategorie so stark an Bedeutung gewonnen, wie die isolierte Betrachtung von Situationen bei gleicher Spieleranzahl am Eis. Durch die Ausklammerung der Sonderfälle von Über- und Unterzahl ergibt sich ein klarerer Blick auf das tatsächliche Skillset eines Cracks oder einer Mannschaft. Das gilt auch für die EBEL: 75,6 Prozent des in der laufenden Saison gespielten Eishockeys entfiel auf Even Strength-Situationen.

Folgende Grafik gibt Aufschluss über das Leistungsvermögen der Defensiv- und Offensivabteilungen der zwölf Teams: Wie lange braucht eine Mannschaft, um bei gleicher Spieleranzahl am Eis einen Treffer zu erzielen, wie lange kann sie ein Gegentor verhindern?

Die Zahlen untermauern Salzburgs Dominanz der letzten Wochen, in der bisherigen Saison haben die Bullen auch in absoluten Zahlen die meisten Even Strength-Tore erzielt (67) und die wenigsten kassiert (36). Beim Meister KAC und seinem Lokalrivalen aus Villach liegen Probleme eher in der Defensive, Wien und Linz produzieren offensiv noch zu wenig, um zur absoluten Ligaspitze zu zählen. Der recht klare Abstand der letzten Vier zum Rest verleitet zur wohlbegründeten Prognose, dass in Dornbirn, Ljubljana, Innsbruck und Székesfehérvár schon jetzt für die untere Gruppe der Zwischenrunde geplant werden kann.

Nationale Lösung in Ungarn

Die eklatantesten Probleme im Spiel bei numerischem Gleichstand weist aktuell Ungarns EBEL-Vertreter auf, der in den fünf Partien seit der Länderspielpause ein desaströstes Torverhältnis von 5:19 bei Even Strength aufweist. In die Bredouille bringt sich Székesfehérvár zudem mit frühen Gegentreffern, in drei Viertel aller Spiele und damit häufiger als jedes andere Team geriet man mit 0:1 in Rückstand.

Das Experiment, als einziger Klub neben dem KAC auf ein einheimisches Torhüterduo zu setzen, kann als gescheitert betrachtet werden. Bence Bálizs (acht Siege, acht Niederlagen) spielt passabel, braucht aber immer wieder Pausen, in denen ihn Miklós Rajna nicht adäquat zu ersetzen vermag. Trainer Marty Raymond und sein Assistent Rob Pallin halten seit Wochen Ausschau nach einem Importgoalie, legten auch bereits eine Shortlist möglicher Kandidaten vor, erhielten von der Klubführung jedoch bisher kein grünes Licht. Diese präferiert dem Zeitgeist in Ungarn entsprechend eine nationale Lösung, auch wenn dadurch das Team in seiner Wettbewerbsfähigkeit einschränkt wird.

Präsidiale Debatten

Zwei Mal pro Jahr, im Mai und Dezember, treffen die Bosse der in der Liga organisierten Klubs zusammen, um die Leitlinien für die weitere Entwicklung der EBEL abzustecken. Für die nächste, in knapp zwei Wochen stattfindende Sitzung schreiben Boulevardmedien seit geraumer Zeit eine Kampfabstimmung um das Amt des Ligapräsidenten (aktuell der Klagenfurter Anwalt Karl Safron, Herausforderer der ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel) herbei. Dabei ignorieren sie freilich den äußerst beschränkten Einfluss des jeweiligen Präsidiums auf allfällige Richtungsentscheidungen der Liga und die sich daraus ergebende relative Belanglosigkeit dieser Personalie. Die Macht Spielbetrieb und regulative Rahmenbedingungen betreffend wird auch in Zukunft beim Gremium der Klubchefs liegen. Sie sind es auch, die im Dezember fast schon traditionell über die (sehr wahrscheinliche) weitere Anwendung der Punkte- und Kaderregel zu entscheiden haben, während beim Treffen im Mai das zukünftige Teilnehmerfeld festgeschrieben wird. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 26.11.2013)