Die Schmierereien werden als "Teil der Arbeit" gesehen und als "ein Zeichen dafür, wie aktuell und notwendig die Debatte ist, die das Kunstwerk auslöst".

Foto: Tanja Paar

Seit Mai erinnert Knebls Arbeit an jenem Ort, wo sich im Dritten Reich das Gestapo-Hauptquartier befand, an die im Nationalsozialismus ermordeten Homosexuellen, Lesben und Transgender-Personen.

Foto: Tanja Paar

"Jakob ist ein frustrierte Schwuli" steht da hingeschmiert, schräg darüber hat jemand einen Aufkleber angebracht: "Homophobie fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu." Ja, "Schwule Sau", die temporäre Installation von Jakob Lena Knebl am Wiener Morzinplatz, ist ein Austragungsort geworden.

Seit 15. Mai dieses Jahres erinnert Knebls Arbeit an jenem Ort, wo sich im Dritten Reich das Gestapo-Hauptquartier befand, an die im Nationalsozialismus ermordeten Homosexuellen, Lesben und Transgender-Personen. An diesem sonnigen Vormittag sitzen schon zwei Biertrinker auf einer Bank vor der Skulptur, daneben spielen sich zwei Teenager auf ihren Smartphones ihre Lieblingshits vor. Ein paar Hundebesitzer lassen ihre Lieblinge auf der Wiese Gassi gehen, sie beachten die überlebensgroße Abbildung nicht, die Knebl nackt zeigt.

Aber – warte, bis es dunkel wird! Dass die Ergebnisse von Vandalenakten an dieser Installation nicht entfernt werden, ist Teil des Konzepts. "Sie werden zu einem Teil der Arbeit und sind ein Zeichen dafür, wie aktuell und notwendig die Debatte ist, die das Kunstwerk auslöst", steht da zu lesen. Und wirklich, seit Mai hat sich an der Skulptur schon einiges getan.

"Diese Welt braucht schöne, gesunde, starke und fleissige Leute, nichts solche Treck" hat jemand auf die rosa Unterkonstruktion geschrieben. Daneben scheint sich jemand an Jakob Lenas nackter Leibesfülle gestoßen zu haben und hat Folgendes hinterlassen: "Weil die Leute nur fressen, dann sind die alle fett, egal ob Schwule, oder Hetero und das ist unappetitlich und grauslich. Was wollen Sie mit dieser Sch... sagen?" So viel zur Selbstentblößung, vor allem der Schmierer.

Auch ein paar findige Plakatierer haben schon mitgekriegt, dass hier nichts entfernt wird, und nützen die Skulptur als Gratis-Plakatfläche. Dass auch Touristen erfolgreich in das Projekt einbezogen werden, zeigt die Aufschrift "Maricon de Mierda Perdido", aber auch die Einritzung "Russia". Auf die Abbildung des nackten Schienbeins der Künstlerin hat jemand in zarter Schreibschrift hinterlassen "Es lebe der Nazionismus". Dem kann noch bis 10.11. ebenda widersprochen werden. Dann wird die Skulptur wieder abgebaut. Was zu befürchten war, hat sie in fünf Monaten zum Vorschein gebracht. Die gewünschte Debatte wird auch noch woanders geführt werden müssen. (Tanja Paar, dieStandard.at, 23.10.2013)