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Japans Premier Shinzo Abe (Mitte) bei einer Wahlkampfveranstaltung in Okinawa. Gemeinsam mit hochrangigen Parteikollegen schwört er seine Anhänger auf die Oberhauswahl am Sonntag ein. Umfragen zufolge wird Abe einen klaren Sieg einfahren.

Foto: EPA/HITOSHI MAESHIRO

Selten dürfte ein japanischer Regierungschef so zuversichtlich auf eine Oberhauswahl geblickt haben wie derzeit Shinzo Abe. Vor sechs Jahren noch hatte der Karriere-Politiker diese Feuertaufe nicht bestanden. Damals hatte er erstmals das Amt des Premierministers innegehabt. Seine Wahlschlappe nach nur einem Jahr im Amt hatte ihn 2007 zum Rücktritt gezwungen und schließlich zu einem deutlichen Sieg der Opposition geführt.

Diesmal stehen die Vorzeichen auf Sieg. Nicht nur, weil es Abe in den ersten 200 Tagen seiner zweiten Amtszeit geschickt verstanden hat, die politische Agenda zu setzen, sondern auch, weil sich seine potenziellen Herausforderer in den vergangenen Monaten durch politische Fehler vollkommen außer Gefecht gesetzt haben. Langjährige Beobachter sprechen von einer "nie zuvor gesehenen Schwäche der politischen Opposition in Japan".

Die schlechteste Figur macht die Demokratische Partei Japans (DPJ). Seit ihrem Debakel gegen Abe bei der Unterhauswahl im Dezember hat sie keine glaubwürdige Kampagne auf die Beine gestellt. Der Ishin no Kai (Japan Restauration Party) erging es nicht besser. Sie büßte Wählerstimmen ein, nachdem ihr Parteichef, Toru Hashimoto, die von japanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg missbrauchten Sex-Sklavinnen als zur damaligen Zeit "nötig" bezeichnet und US-Soldaten zum vermehrten Besuch japanischer Bordelle aufgefordert hatte.

Andere Parteien wie "Green Wind", "Your Party" oder die "People's Life Party", die nach der Atomkatastrophe von Fukushima ein Ende der Kernenergie in ihr Wahlprogramm geschrieben haben, dürfen sich bei der Oberhauswahl lediglich Hoffnungen auf einen Stimmenanteil im niedrigen einstelligen Prozentbereich machen; und das, obwohl Umfragen zufolge die Mehrheit der Japaner für einen Ausstieg aus der Atomkraft ist - ganz im Gegensatz zur siegesgewissen Regierungskoalition aus Liberaldemokratischer Partei (LDP) und New Komeito.

Der Grund: Seit seinem Sieg bei den Unterhauswahlen hat Abe die Wirtschaftspolitik zum Hauptthema der politischen Diskussion gemacht. Damit scheint er die Wähler überzeugt zu haben. Umfragen zufolge interessieren sich die meisten stärker für die Entwicklung am Arbeitsmarkt oder die Stabilität der Sozialkassen als für Pläne der Regierung, derzeit stillgelegte, aber als "sicher" eingestufte Kernkraftwerke wieder ans Netz zu bringen.

Und so besteht wenig Zweifel daran, dass die LDP zusammen mit der New Komeito am Sonntag die Mehrheit im Oberhaus gewinnen wird. Dann wird die Hälfte der 242 Abgeordneten neu gewählt. In der wichtigeren Parlamentskammer, dem Unterhaus, verfügt die Koalition über eine Zweidrittelmehrheit.

Abe will sich USA annähern

Um die von ihm angestrebte Verfassungsänderung umzusetzen, bräuchte Abe auch im Oberhaus eine Zweidrittelmehrheit. Dieses Ziel kann er aber vermutlich erst in drei Jahren erreichen, wenn turnusgemäß die andere Hälfte der Oberhausmandate zur Wahl steht.

Unter anderem, um die Allianz mit den USA zu stärken, hatte Abe, wegen seiner harten außenpolitischen Haltung "Prinz der Falken" genannt, lange für eine Änderung der Verfassung geworben. Obwohl Japan über eine der größten Armeen der Welt verfügt, darf sie nach derzeitiger Rechtsauslegung nur "Selbstverteidigung" üben. Sollten Alliierte angegriffen werden, wäre keine militärische Reaktion möglich. Beobachter erwarten, dass die Regierung in Tokio nun versuchen könnte, die Interpretation dieses "Friedensartikels" zu ändern und dadurch eine Änderung des Status quo zu erreichen.

Während sich Abe auch aus Sorge vor möglichen Raketenangriffen aus Nordkorea um eine engere Bindung an die USA bemüht, bleiben die Beziehungen zu den Nachbarn China und Südkorea frostig. Seit fast einem Jahr schwelt zwischen China und Japan ein Konflikt um die Senkaku-Inseln im Südchinesischen Meer. Die Beziehungen zu Südkorea haben sich verschlechtert, seit Abe in Aussicht gestellt hat, die Entschuldigung eines früheren japanischen Spitzenpolitikers für Japans frühere Kriegsaggressionen "umformulieren" zu wollen. (Birga Teske, DER STANDARD, 18.7.2013)