Jugendliche gehören nicht ins Gefängnis, schon gar nicht in die Justizanstalt Josefstadt, sagt die Vizechefin der Rechtsanwaltskammer.

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Wien - Jugendliche gehören nicht in ein Gefängnis, sagt Elisabeth Rech, Vizepräsidentin der Wiener Rechtsanwaltskammer. Sie reagiert damit auf die schweren Misshandlungen eines 14-Jährigen, der in der Justizanstalt Josefstadt in Untersuchungshaft war.

Gerade bei Jugendlichen habe der Staat den Auftrag, sich bestmöglich um sie zu kümmern, sagt Rech. "Das kann in einem solchen Großgefängnis wie in der Josefstadt gar nicht funktionieren." Dort sei es unmöglich, sich so um die Jugendlichen zu kümmern, wie das nötig wäre.

Deswegen vertrete die Rechtsanwaltskammer eine andere Idee: die Schaffung eines Jugendhauses. Das soll zwar bewacht werden, sollte aber nicht einem Gefängnis, sondern einem Heim ähneln. Dort soll sich intensiv um die Jugendlichen bis 18 Jahre gekümmert werden, "mit Hinblick darauf, dass sie nicht wieder dort landen".

"Sinnvolle Beschäftigung"

"Sie dürfen nicht unterfordert sein, sondern sie müssen eine Aufgabe haben. Um eine Resozialisierung zu erreichen, muss man sich sinnvoll mit ihnen beschäftigen", betont Rech.

Denn eines müsse klar sein, sagt sie: "14-Jährige sind Kinder. Es ist untragbar, ihnen einen normalen Gefängnisalltag zuzumuten." Die Übergriffe gegen den 14-Jährigen hätten sie daher auch nicht überrascht: "Das war eine logische Konsequenz: Wenn man Menschen über einen so langen Zeitraum zusammensperrt, kommen solche Aggressionen zutage."

Nicht nachvollziehbar sei, dass es nicht mehr Geld für die Justiz gebe. Schließlich wäre das eine "nachhaltige Investition, denn damit würde sich der Staat finanzielle Folgekonsequenzen sparen: Wenn es gelingt, Jugendliche zu resozialisieren, muss der Staat später weniger zahlen."

Ähnlich sieht die Sache Werner Zinkl, Präsident der Richtervereinigung, der von den Problemen im Jugendstrafvollzug nicht wirklich überrascht ist. "Wir warnen seit Jahren, dass bei der Justiz so radikal eingespart wird", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD. Ressourcen-, sprich Personalmangel gewährleiste in den Justizanstalten keine "ordentliche Überwachung". Zinkl hofft nun auf Reformen, "denn", sagt er, "leider ist es oft so, dass solche Vorfälle einen Prozess auslösen".

Dass Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) eine Mitschuld bei der Richterin gesucht hat, die für den in Haft missbrauchten 14-Jährigen U-Haft angeordnet hat, verärgert die Standesvertretung.

"Das wahre Übel"

"Das ist nicht in Ordnung. Die Bedingungen in der Haft sind doch das wahre Übel", betont Werner Zinkl. Prinzipiell müsse "jeder ordentliche Haftbedingungen vorfinden".

Unterdessen wird die Forderung nach der Wiedereinführung des Jugendgerichtshofes wieder laut. Diese kommt vor allem vom Koalitionspartner der schwarzen Justizministerin Karl. So hat SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim seine seit Jahren erhobene Forderung kürzlich erneuert. Er wird dabei von der Sozialistischen Jugend unterstützt.

Der Jugendgerichtshof wurde 2003 unter dem damaligen Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ) abgeschafft. Justizministerin Karl hat für Herbst den Bau eines neuen Gefängnisses angekündigt - dort soll es eine eigene Jugendabteilung geben. Fertiggestellt werden soll das Gebäude 2017. (Saskia Jungnikl/Peter Mayr, DER STANDARD, 3.7.2013)