Heißt das strenge Einbürgerungsrecht gut und will "Werte des Zusammenlebens" vermitteln: Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz.

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Wien - Dass man in Österreich auch nach der Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes bei Einbürgerungen vergleichsweise restriktiv vorgehen wird, sei gut, meint Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP). Denn die Staatsbürgerschaft sei kein bloßes Stück Papier, sondern ein "Bekenntnis zu Österreich", sagte er vergangenen Donnerstag im Innenausschuss, bevor dieser dem Gesetzesvorschlag zustimmte.

Am Sonntag legte Kurz nach: Ab den fünften Klassen solle flächendeckend ein neues Schulpflichtfach namens Staatskunde eingeführt werden. Dort sollten Migranten wie österreichischen Staatsbürgern "Werte des Zusammenlebens in Österreichs und politische Bildung" vermittelt werden - gegen "Politikverdrossenheit und Gleichgültigkeit".

Letzteres werde angesichts der "Retropolitik" bei den Einbürgerungsregeln nicht einfach sein, kommentierte Grünen-Integrationssprecherin Alev Korun. Etwa wegen des restriktiven Vorgehens bei Doppelstaatsbürgerschaften. Hier werde sich durch die Novelle nichts ändern.

Tatsächlich werden Kinder von Nichtösterreichern, die in Österreich geboren sind, auch künftig nur eine Staatsangehörigkeit haben dürfen: jene ihrer Eltern. Sie bleiben Ausländer, während Kinder von Österreichern mit Angehörigen anderer Staaten ab Geburt automatisch Doppelstaatsbürger und somit auch Österreicher sind: weil sie von einem Einheimischen abstammen.

Den Realitäten in Ländern, die von Migration geprägt sind, wird dieses reine Abstammungsprinzip nicht mehr gerecht. In Verbund mit den in Österreich hohen Einbürgerungshürden, die etwa beim Einkommen weiterhin herrschen werden, kann es Einwanderer über ganze Generationen vom Erwerb der Staatsbürgerschaft ausschließen.

Daher haben viele Länder inzwischen großzügige Doppelstaatsbürgerschaftsregeln eingeführt - oder zumindest Ansätze dazu, Letzteres etwa in Deutschland. In Österreich nicht. Als Begründung nennt man im Integrationsstaatssekretariat das Europaratabkommen Nr. 43 über die Verminderung der Fälle von mehrfacher Staatsangehörigkeit.

Derlei Rigidität hatte beim Staatsbürgerschaftsgesetz-Hearing vor eineinhalb Wochen auch der Politologe Rainer Bauböck kritisiert. So seien Einbürgerungswillige nach der neuen Regelung so wie davor gezwungen, ihre frühere Staatsangehörigkeit zurückzulegen. Nur dann könnten sie Österreicher werden.

Einzige Ausnahme: "die Prominenten", Personen, die von der Regierung "im Interesse der Republik" zu Österreichern gemacht werden wie etwa die Opernsängerin Anna Netrebko.

Dabei gibt es auch für Normalsterbliche viele Gründe, die ursprüngliche Staatsbürgerschaft trotz Erwerbs der österreichischen behalten zu wollen. Etwa um ein Erbe antreten oder ein Haus kaufen zu können; manche Staaten schließen Nichtstaatsbürger davon aus. Oder, um in der alten und der neuen Heimat politisch mitbestimmen zu können. Letzteres betrifft laut Korun übrigens nicht nur Einwanderer, sondern auch viele Auslandsösterreicher. (Irene Brickner, DER STANDARD, 2.7.2013)