Obwohl ein diffamierendes Posting auf einem deutschen Krankenhaus-Portal gelöscht wurde, soll ein Redakteur in Beugehaft, weil er die Herausgabe der Nutzerdaten verweigert.

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Weil ein deutscher Online-Redakteur die Herausgabe von Nutzerdaten verweigert, soll er für fünf Tage ins Gefängnis. Der 33-Jährige will die Identität eines Nutzers nicht bekannt geben, der diffamierend über eine Krankenhausmitarbeiterin geschrieben hatte. Eine Beschwerde gegen ein Ordnungsgeld und die danach verhängte Beugehaft wurden abgewiesen, berichtet "Der Westen".

Ermittlungen wegen üblicher Nachrede

Über klinikbewertungen.de können Nutzer Bewertungen über Krankenhäuser abgeben. Ein User hatte verunglimpfend über eine Ärztin eines westfälischen Krankenhauses geschrieben, die daraufhin Strafanzeige erstattet hatte. 2011 wurden Ermittlungen gegen Unbekannt wegen übler Nachrede eingeleitet. Der Beitrag wurde daraufhin zwar gelöscht, jedoch die Nutzerdaten nicht preisgegeben.

Kein Zeugnisverweigerungsrecht

Laut dem zuständigen Gericht könne sich der Redakteur nicht auf das Journalisten zugesicherte Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Da die Kommentare von den Usern selbst veröffentlicht werden, unterliegen sie nicht der redaktionellen Kontrolle wie etwa Leserbriefe. Laut einem Statement von MedizInfo, das die Seite betreibt, sei dem Unternehmen bei einem anderen Fall aber sehr wohl schon einmal das Zeugnisverweigerungsrecht für die Presse zugesprochen worden.

Verfassungsbeschwerde

Der Mann hat inzwischen eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, die laut Bericht allerdings keine aufschiebende Wirkung für den Haftantritt habe. Auf Klinkbewertungen heißt es dazu: "Es soll nicht der falsche Eindruck entstehen - die meisten Kliniken gehen sehr positiv mit den Erfahrungsberichten und der Seite um. Ebenso die Nutzer. Wir wollen unsere Zeit nicht vor Gericht verbringen und unser Anliegen ist es nicht, gegen Kliniken zu kämpfen. Wenn wir jedoch die freie Meinungsäußerung gefährdet sehen, sind wir auch bereit diesen Weg zu gehen."

Herausgabe von Nutzerdaten

Wie mit der Herausgabe von Nutzerdaten von Online-Medien nach beleidigenden Postings umgegangen wird, beschäftigt die Gerichte immer wieder. So waren bei der Augsburger Allgemeinen Nutzerdaten bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt worden. Die Hausdurchsuchung wurde danach als rechtswidrig eingestuft, derStandard.at berichtet. Bei einem Fall, der derStandard.at betraf, wurde der Redaktion rechtgegeben. Sie konnte sich auf das Redaktionsgeheimnis berufen und musste der Staatswanwaltschaft keine Userdaten preisgeben. (Birgit Riegler, derStandard.at, 6.5.2013)