Die Forderung der Islamischen Glaubensgemeinschaft und der Israelitischen Kultusgemeinde nach Feiertagen für ihre Religionsgemeinschaften hat zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP denken aber derzeit nicht an eine gesetzliche Neuregelung. Juristen sind sich uneins, ob den Religionsgemeinschaft zusätzliche Feiertage zustehen.

ÖVP: Diskussion auf Zeit nach der Krise verschieben

Die ÖVP-Bundespartei zeigte sich sehr zurückhaltend: "Es ist eine Aufgabe der Sozialpartner, diesbezügliche Antworten zu entwickeln. Derzeit erleben wir jedoch wirtschaftlich schwierige Zeiten. Umso wichtiger ist es, Maßnahmen, die den Wirtschaftsstandort und Arbeitsplätze gefährden, auf die Zeit nach der Krise zu verschieben", hieß es in einer Stellungnahme gegenüber derStandard.at.

Auch Integrations-Staatssekretär Sebastian Kurz reagierte skeptisch. Ein Sprecher des Staatssekretärs sagte: "Wir sind für Religionsfreiheit. In der Feiertagsfrage aber unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Realität. Wir befinden uns mit allen Glaubensgemeinschaften im ständigen Dialog. In Zeiten der Wirtschaftskrise ist es aber nicht seriös, über zusätzliche Urlaube und Feiertage zu diskutieren." Der Kurz-Sprecher verweist auch darauf, dass es zwar 14 Glaubensgemeinschaften, aber nur elf kirchliche Feiertage gebe. Deshalb sei man für flexible Lösungen am Arbeitsmarkt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

SPÖ will nichts ändern

Die SPÖ will an der aktuellen Feiertagsregelung nichts ändern. "Diese Forderung ist derzeit kein Thema", sagte die Sprecherin von Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer im Gespräch mit derStandard.at.

Verfassungsexperten unterschiedlicher Meinung

Juristen sind sich uneins, ob den Religionsgemeinschaft zusätzliche Feiertage zustehen. Muslime und Juden sind gesetzlich anerkannt, deshalb stünden ihnen auch Feiertage zu - ein bis zwei Tage pro Jahr, sagte Verfassungsexperte Theo Öhlinger im Ö1-"Mittagsjournal". Als Beispiel nannte er den Reformationstag, der für evangelische Christen arbeitsfrei ist: "Zumindest ein ähnliches Recht in einer ähnlichen Anzahl sollte man allen Kirchen und Religionsgesellschaften, die gesetzlich anerkannt sind, einräumen."

Funk: Nicht eindeutig

Für Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk ist die Sache nicht so eindeutig. Er sieht einen Zweispalt: Einerseits habe die katholische Kirche eine besondere Stellung durch das Konkordat, andererseits müsse der Staat Glaubensgemeinschaften gleich behandeln. Und diese Gleichbehandlungspflicht bedeute, dass es nicht zu Diskriminierungen kommen darf. "Eine rechtlich eindeutige Lösung, dass es keine Änderung der Rechtslage brauche oder, im Gegenteil, dass die bestehende Rechtslage verfassungswidrig ist - eine solche Lösung lässt sich hier nicht vertreten."

Änderungen unausweichlich

Funk ist der Meinung, dass diese rechtlichen Fragen die Höchstgerichte klären müssten, vielleicht sogar auf europäischer Ebene. Der Staat könne den Religionsgemeinschaften aber jederzeit Feiertage zugestehen. Und auf lange Sicht werde das auch notwendig sein, so Funk.

Wirtschaftskammer: "Christliche Tradition"

Die Israelitische Kultusgemeinde hatte kritisiert, dass die Einigung auf eine gesetzliche Regelung an der Wirtschaftskammer gescheitert sei. Rolf Gleißner von der Abteilung für Sozialpolitik bestätigt die Haltung der Wirtschaftskammer im Gespräch mit derStandard.at: Man trete gegen die Ausweitung der Zahl der Feiertage ein, weil Österreich sich mit 13 Feiertagen ohnehin schon im Spitzenfeld bewege. Für Unternehmen sei eine Ausweitung nicht tragbar.

"Wir wollen niemanden diskriminieren", so Gleißner, "in Österreich gibt es aber eine christliche Tradition." Sollten sich die Religionsgemeinschaften untereinander einigen und die derzeit bestehende Anzahl der Feiertage aufgeteilt werden, habe die Wirtschaftskammer nichts dagegen. "Wir wollen uns in diese Diskussion aber nicht einmischen."

Bischofskonferenz: War noch nicht Thema

Einer Neuverteilung der Feiertage müsste freilich die katholische Kirche positiv gegenüberstehen. Laut Paul Wuthe, dem Mediensprecher der Bischofskonferenz, hat man sich mit dieser Thematik noch nicht auseinandergesetzt.

FPÖ sehr skeptisch, aber offen für Reformen

Die FPÖ warnt angesichts der Forderung nach zusätzlichen Feiertagen davor, dass dem "Islamismus Tür und Tor geöffnet" würde, wie Manfred Haimbuchner, Obmann der FPÖ Oberösterreich, in einer Aussendung erklärte. Aus Sicht Haimbuchners müsse sichergestellt werden, "dass unsere geltenden Regeln und Gesetze akzeptiert und geachtet werden. Denn immer wieder kommt aus islamischen und islamistischen Kreisen die Forderung nach Einführung der Scharia."

Prinzipiell sei die FPÖ aber offen für Reformen. Das Thema müsse in einem Gesamtpaket behandelt werden. "Es gilt auch, die Auswirkungen voll abzuschätzen. Bei einer Gesetzesanpassung müssen alle in Österreich staatlich anerkannten Religionen berücksichtigt werden." Und Haimbuchner hält fest, dass Integration keine Einbahnstraße sein dürfe: "Es geht nicht, dass sich die Muslime die Rosinen herauspicken."

Grüne: Nachvollziehbares Anliegen

Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Grünen, sieht in der Forderung der Muslime und Juden ein nachvollziehbares Anliegen religiöser Minderheiten. Die Politik solle Gespräche mit den Glaubensgemeinschaften führen, um zu klären, ob es bei der Anzahl der bestehenden Feiertage bleiben soll oder ob man daran etwas ändern sollte. (rasch/rwh, derStandard.at, 29.3.2013)