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Neujahrsfeiern in Diyarbakir.

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"Ohne Freiheit für Öcalan werden die Kurden selbst auch nicht frei sein", sagt Kurdenpolitikerin Songül Karabulut.

 

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STANDARD: Abdullah Öcalan hat in seiner Erklärung zum Waffenstillstand aufgerufen und den Rückzug der Kämpfer in den Irak angekündigt. Ist das durchsetzbar?

Karabulut: Es wird ja keine Roadmap dargestellt, sondern es war eine Deklaration, die den Charakter des künftigen Kampfes darstellt. Er hat gesagt, dass die Zukunft gemeinsam gewonnen werden soll. Inwieweit das durchsetzbar ist, wird der Kampf darlegen.

STANDARD: Wie steht es um Öcalans Autorität nach 14 Jahren in Haft?

Karabulut: Sie ist in keiner Weise beschädigt, im Gegenteil. Die Aufnahme der Gespräche stärkt seine Position unter den Kurden.

STANDARD: Haben Sie Sorge vor Störaktionen?

Karabulut: Ich denke schon, dass mit Provokationen zu rechnen ist. Es gibt viele Kreise, die eine Lösung und eine ernsthafte Demokratie in der Türkei nicht wollen und ihre Interessen verletzt sehen.

STANDARD: Auf beiden Seiten?

Karabulut: Was Öcalan vorschlägt, würde jeder Kurde unterschreiben. Einige haben weitergehende Wünsche. Das heißt aber nicht, dass sie sich gegen die Forderungen stellen. Provokationen der Kurden sind nicht zu erwarten. Wohl aber des türkischen Staates. Auch weil er nicht transparent ist und Parallelstrukturen verbirgt.

STANDARD: Die Erklärung stand unter dem Motto "Freiheit für Öcalan, Status für Kurdistan". Sind diese Forderungen realistisch?

Karabulut: Sie sind sehr eng miteinander verbunden. Ohne Freiheit für Öcalan werden die Kurden selbst auch nicht frei sein. Ob das bald realisierbar ist? Die Chancen sind jetzt besser als je zuvor. (Manuel Escher, DER STANDARD, 22.3.2013)