Der VKI testet Dr. Ed: Ein vermeintlicher Patient erhielt einen unnötigen Therapievorschlag, bei der anderen Testperson entsprach die vorgeschlagene Behandlung zum Teil nicht den gültigen medizinischen Richtlinien, so das Fazit der Konsumentenschützer.

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Wien - "Erfahren, einfach und sicher", so wirbt der in London registrierte Internetarzt Dr. Ed auf seiner österreichischen Homepage. Als diese im April 2012 online ging, warnten Ärzte und Apotheker davor, den Dienst in Anspruch zu nehmen. Von medizinisch unverantwortlichen "Tele-Rezeptierungen" und "problematischen Ferndiagnosen" war die Rede. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) prüfte nun die Seriosität des medizinischen Internetangebots. Dabei wurden zwei vermeintliche Patienten in die virtuelle Ordination von Dr. Ed geschickt, um Informationen beziehungsweise Therapievorschläge einzuholen.

Das Ergebnis: Eine Testperson erhielt einen unnötigen Therapievorschlag, bei der anderen Testperson entsprach die vorgeschlagene Behandlung zum Teil nicht den gültigen medizinischen Richtlinien beziehungsweise war nicht rechtskonform.

Wie funktioniert Dr. Ed?

Versprochen wird eine medizinische Beratung in wenigen, einfachen Schritten, ohne lange Wartezeiten und unangenehme Untersuchungen. Der Patient füllt lediglich einen Fragebogen aus, in dem er seine Symptome, Beschwerden und Wünsche schildert und erhält die Diagnose binnen weniger Stunden per "Online-Patientenakte" retourniert. Benötigte Rezepte, die in Österreich Gültigkeit haben, werden noch am selben Tag auf dem Postweg zugestellt. Eine zusätzliche Kontaktaufnahme über E-Mail, SMS oder Telefon erfolgt laut Dr. Ed ausschließlich auf Wunsch des Patienten.

"Für manche mag eine virtuelle Sprechstunde verlockend klingen, doch diese birgt ernsthafte Risiken", warnt VKI-Gesundheitsexpertin Bärbel Klepp. Die von Dr. Ed im Rahmen des Tests erstellten Therapievorschläge waren entweder unnötig oder entsprachen nicht den geltenden Behandlungsrichtlinien bzw. waren nicht rechtskonform. So gab sich eine der beiden Testpersonen beispielsweise als Sexworkerin aus, die zum wiederholten Mal an Gonorrhö (Tripper) erkrankt sei. Dr. Ed verschrieb ihr ein Antibiotikum, das in Tablettenform und ein weiteres, das als Lösung einzunehmen sei. Die Behandlungsrichtlinie in Österreich sieht aber die Verabreichung mit einer Spritze vor. 

Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben

"Noch problematischer ist, dass der Onlinedoktor bei unserem Test gegen das österreichische Gesetz zur Verhütung übertragbarer Geschlechtskrankheiten verstößt. Denn eine briefliche Behandlung derartiger Fälle ist in Österreich ausdrücklich verboten. Ein Rezept hätte also überhaupt nicht ausgestellt werden dürfen. Außerdem wurde die Meldepflicht, die in diesem konkreten Testszenario bestanden hätte, missachtet", so Klepp.

Nicht zufriedenstellend verlief auch die Beratung im Fall des zweiten Testpatienten. Dieser fragte bei Dr. Ed an, ob er für eine Reise zu einem Entwicklungshilfeprojekt, die ausschließlich ins äthiopische Bergland führt, eine Malariaprophylaxe benötige. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO tritt Malaria in dem ostafrikanischen Land nur unter 2.000 Metern auf. Obwohl der Reisende nie einer Malariagefahr ausgesetzt wäre, riet der Internetdoktor zu einer unnötigen Malariaprophylaxe. Die Wahl fiel dabei auf ein Präparat, das den Patienten besonders empfindlich gegen Sonnenbestrahlung macht. Bei Reisen in diese Regionen sind Hautschäden somit vorprogrammiert, lautet die Expertise des VKI.

Zweifel an Seriosität

Nach Meinung der Konsumentenschützer sind Zweifel an der Seriosität von Dr. Ed sind angebracht. Demnach sein die Gefahr einer Falschbehandlung hoch und geltende Bestimmungen werden zum Teil nicht eingehalten. "Alles in allem raten wir aufgrund unserer Testergebnisse davon ab, sich bei gesundheitlichen Fragen an Dr. Ed zu wenden. Nicht zuletzt deshalb, da eine virtuelle Praxis die persönliche Begegnung von Arzt und Patient nicht ersetzen kann", lautet das Fazit von Bärbel Klepp. (red, derStandard.at, 23.1.2012)