Faisal Bin Abdulrahman Bin Muammar hat eine zehnjährige Dialogerfahrung in Saudi-Arabien. Nun ist er Generalsekretär des in Österreich umstrittenen König-Abdullah-Zentrums für Dialog.

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Wien - Selten wurde ein Projekt, auf dem der Name Dialog steht, derartig mit Vorschuss-Schelte bedacht wie das "King Abdullah Bin Abdulaziz International Centre for Interreligious and Intercultural Dialogue" (KAICIID), wie die neue internationale Organisation in Wien mit vollem Namen heißt. Am 26. November findet die Eröffnung statt, und derzeit läuft ein professionelles Verfahren, um den wichtigen Posten des Programmdirektors nach objektiven Kriterien zu besetzen, erklärt der Generalsekretär, Faisal Bin Abdulrahman Bin Muammar, im Gespräch mit dem STANDARD. Ab Jänner wolle man operativ sein.

Der ehemalige saudi-arabische Vizeerziehungsminister wird in den nächsten Tagen wohl noch oft zum Vorwurf Stellung nehmen müssen, das Zentrum solle im besseren Fall ein Instrument zur Imagekorrektur Saudi-Arabiens sein - ohne dass sich dort etwas verändert -, im schlechteren eine Missionsstation für den salafitischen saudi-arabischen Islam, den Wahhabismus. Die Frage, ob er jemanden bekehren will, bejaht er lächelnd: Ja, er wolle alle zum Dialog bekehren. Auch die Kritiker, das Zentrum sei für alle offen. Er fordere alle auf, sich anzusehen, was dort gemacht wird.

Modernisierung von oben

Die kritischen Fragen beziehen sich meist auf Saudi-Arabien - wofür sich Faisal Bin Abdulrahman jedoch unzuständig erklärt. Das Zentrum sei kein "saudisches Projekt", sondern ein internationales, und er vertrete auch nicht Saudi-Arabien, sondern das Zentrum. Aber einige Missverständnisse will er schon aufklären, so betont er, dass gerade in Saudi-Arabien die Modernisierung von oben erfolge, oft gegen Widerstände in der konservativen Gesellschaft. So sei er selbst erstaunt gewesen, dass bei einer Umfrage die Mehrheit der Frauen gegen die Erlaubnis zum Autofahren war.

Falsch sei auch, dass der wahhabitische Islam sogar und zuallererst das Gespräch mit anderen islamischen Gemeinschaften verweigere. Er selbst, berichtet Faisal Bin Abdulrahman, habe die vergangenen zehn Jahre den "Nationalen Dialog" Saudi-Arabiens geleitet, mit Schiiten, Ismailiten und Sufis. Dieses Forum sei älter als alle anderen islamischen Dialoginitiativen in der Region.

Und im vergangenen Sommer wurde von König Abdullah ebenfalls eine neue internationale Islamdialogschiene ins Leben gerufen. Man müsse dagegen ankämpfen, dass die verschiedenen Glaubensgemeinschaften von Extremisten gekidnappt würden. Die Frage, ob dazu nicht auch ein kritisches Geschichtsbewusstsein im saudi-arabischen Staat vonnöten sei, der ja auf der Verbreitung des Salafismus aufbaue, beantwortet Faisal Bin Abdulrahman Bin Muammar mit einem kurzen "Das wird passieren". Und er lädt dazu ein, die Frage nach der Reziprozität der Religionsfreiheit an alle Gäste zu stellen, die aus Saudi-Arabien ins Zentrum kommen. Zu seinen persönlichen Anliegen gehörten die religiösen Minderheiten im Nahen Osten, betont er.

Kritik an Zentrum auch in Saudi-Arabien

Kritik am Zentrum, in dessen Vorstand neben den vom Islam anerkannten abrahimitischen Religionen Judentum und Christentum auch ein Buddhist und ein Hinduist sitzen, gibt es auch in Saudi-Arabien. Dort wäre diese Inklusivität unmöglich. Aber die Kritik am Zentrum ist eher politisch als religiös begründet, erklärt Faisal Bin Abdulrahman, etwa mit der US-Nahostpolitik oder Israels Palästinenserpolitik.

Auch den Vorwurf, dass in solchen Zentren die Religiösen aller Couleur unter sich bleiben, in Wien gerade in einer Stadt mit einer nichtreligiösen Mehrheit, will der Generalsekretär entkräften: Deshalb habe das Zentrum ja nicht nur das "interreligiös", sondern auch das " interkulturell" im Namen, versichert er. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 15.11.2012)