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Bernhard Schwarz: "Hundert Prozent zufrieden werden nie alle sein."

Foto: APA/Hochmuth

Alle müssen sparen, auch die Pensionisten. Während über die Anpassung der Politiker-Gehälter noch diskutiert wird, sind sich Seniorenvertreter schon einig, dass die Pensionen um 1,8 Prozent erhöht werden sollen, obwohl die Inflationsrate bei 2,8 Prozent liegt. Unterschiedliche Ansichten herrschen jedoch darüber, ob eine soziale Staffelung der Pensionen beschlossen werden soll und die Bezieher niedriger Pensionen eine Sonderzahlung zulasten der höheren Pensionen erhalten. Was die Vorteile wären, erklärt Bernhard Schwarz, der Leiter der Pensionskommission, im Interview mit derStandard.at.

derStandard.at: Die Pensionskommission empfiehlt, die Pensionen um 1,8 Prozent anzuheben, obwohl der Richtwert bei 2,8 Prozent liegt. Wie kommt es zu dem niedrigeren Wert? 

Schwarz: Das hat der Gesetzgeber im Zuge des Sparpakets so festgelegt. Im Jahr 2013 muss die Pensionserhöhung um ein Prozent geringer ausfallen als die durchschnittliche Inflationsrate, sprich der Richtwert. 

derStandard.at: Die Pensionisten sollen damit einen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten. Finden das in der Pensionskommission alle gut?

Schwarz: Ich gehe davon aus, dass die 1,8 Prozent unbestritten sind. Wenn das durchgehalten wird, ist das sicher ein wesentlicher Beitrag, dass unsere Staatsverschuldung im Rahmen bleibt.

Gleichzeitig bin ich aber der Meinung, dass diejenigen, die weniger Pension erhalten, auch irgendeinen Ausgleich bekommen sollten. Der Ausgleichzulagen-Richtsatz, das heißt, der Richtsatz für die Mindestpension, wird zwar ohnehin mit 2,8 Prozent erhöht. Man kann aber darüber nachdenken, ob es noch irgendeine Leistung oder einen Bonus für die geringeren Pensionen gibt. Das wird Gegenstand der Verhandlungen sein.

derStandard.at: Was würden Sie von einer sozialen Staffelung halten?

Schwarz: Das ist sicher positiv. Die Preissteigerungen betreffen diejenigen, die eine geringere Pension erhalten, stärker als die, die ohnehin eine höhere Pension beziehen. Aber man muss hier aufpassen, dass man mit den Gleichbehandlungsgrundsätzen nicht in Widerspruch gerät. Eine derartige Situation hat es ja schon einmal gegeben: Wegen Ungleichbehandlung wurde die Differenzierung nach der Höhe der Pensionen vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. 

Stattdessen könnte man ein Limit einziehen mit einer Höchstgrenze. Auf der anderen Seite könnte man Sonderzahlungen für die geringeren Pensionen festschreiben, das müsste sicherlich möglich sein. 

derStandard.at: Bei welcher Pensionshöhe sollte es dieses Limit geben?

Schwarz: Das kann man bei jeder Höhe ansetzen. Eine Möglichkeit wäre, die Höchstpension nach ASVG heranzuzuiehen. (Derzeit liegt diese laut Pensionsversicherungsanstalt bei 3.145 Euro im Monat, Anm.) Wer eine höhere Pension erhält, für den gibt es keine Erhöhung mehr. Festzuhalten ist: Dieses Geld kommt dann nicht dem Budget zugute, sondern den niedrigeren Pensionen. 

derStandard.at: ÖVP-Seniorensprecher Andreas Khol ist gegen die soziale Staffelung. Wird es schwierig sein, das durchzusetzen?

Schwarz: Man kann hier unterschiedlicher Meinung sein. Ich persönlich finde, dass eine soziale Staffelung durchaus gerechtfertigt wäre. Aber das ist nicht meine Entscheidung oder die der Pensionskommission, aber es kann darüber natürlich Verhandlungen geben.

derStandard.at: Bis Ende des Jahres sind Sie noch Leiter der Pensionskommission, danach legen Sie das Amt aus privaten Gründen nieder. Sie plädieren für eine Reform der Pensionskommission. Wie soll die aussehen?

Schwarz: Die Aufgabenstellung der Pensionskommission ist derzeit im Gesetz relativ kompliziert und sehr, sehr restriktiv festgesetzt, was Empfehlungen betrifft. Es gibt sehr genaue Vorgaben. Die sollte man eliminieren; man sollte der Kommission mehr Möglichleiten geben, Empfehlungen zu machen.

Der zweite Reformansatz ist, dass in das Pensionsmonitoring künftig auch die Beamtenpensionen eingeschlossen werden sollten.

derStandard.at: Sind diese Reformvorschläge schon bald umsetzbar?

Schwarz: Es ist schon viel darüber gesprochen worden. Ich hoffe, dass sie auch bald umgesetzt werden, spätestens im Frühjahr. Oft wird auch verlangt, die Zahl der Vertreter in der Kommission zu verringern. Dann besteht aber die Gefahr, dass die Diskussionen über Pensionen außerhalb der Kommission stattfinden. Es ist klar, dass es immer unterschiedliche Meinungen geben kann und soll. Aber man muss sich halt immer darauf einigen, was für alle vertretbar ist.

derStandard.at: Wie bewerten Sie die Maßnahmen, die die Regierung hinsichtlich der Pensionen in den vergangenen Monaten und Jahren umgesetzt hat?

Schwarz: Es ist einiges passiert. Die Prognosen, wie hoch der Bundesbeitrag für Pensionen in den nächsten Jahren sein wird, haben sich um einiges verbessert. Das hat sich bei unserer Sitzung vergangene Woche gezeigt. Die Maßnahmen greifen.

Das hat zu tun mit Änderungen bei der Invaliditätspension, Änderungen bei der Langzeitversicherten-Regelung, aber natürlich auch mit der Pensionshöhe und den Pensionsanpassungen. Ich glaube schon, dass in den letzten Jahren einiges dafür getan wurde, dass der Bundesbeitrag nicht explodiert, wie es oft die Rede ist.

Durch die höhere Zahl der Pensionen und die längere Verweildauer sind natürlich mehr Aufwendungen nötig, aber es hat Begrenzungen gegeben, und das ist sehr positiv. Im Gegensatz zu früher, wo vor den Wahlen noch die letzten Pensionszuckerln vergeben wurden.

derStandard.at: Die Wahlzuckerln können ja noch kommen und die Pensionen zum Wahlkampfthema werden. Nicht alle Parteien sind mit der niedrigeren Pensionsanpassung zufrieden, zum Beispiel die FPÖ.

Schwarz: Hundert Prozent zufrieden werden nie alle sein. Darum geht es ja auch nicht. Wir müssen einen Ausgleich finden zwischen den verschiedenen Interessen. Wenn man feststellt, dass in einem Bereich die Ausgaben sehr stark steigen, dann muss man eben überprüfen, ob das sozialpolitisch notwendig ist oder ob ohne großen Nachteil die Kostensteigerungen einzubremsen sind. Da leisten die 1,8 Prozent heuer sicher einen Beitrag, dass das der Fall ist. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 5.11.2012)