Zwei Jahre nach dem österreichischen iPad-Launch zogen drei digitale Medienmacher am Werbeplanung.at Summit Bilanz über "Tablet & Co". Stefan Kaltenbrunner, Chefredakteur des Magazins "Datum", überraschte mit seiner Ansage, dass die Geschäftsführung ab einem Downloadvolumen von 15.000 Stück die Umstellung auf Bezahlpflicht plant. Bis dato wurde die "Datum"-App 20.000 Mal installiert, der Preis soll 1,79 Euro pro Ausgabe betragen.

Die bisherigen Ausgaben wurden durch maßgeschneiderte Werbedeals mit Partnern wie Mercedes finanziert, sagte Kaltenbrunner. Dafür erforderliche Spezialleistungen wie animierte Werbeformen werden in Zusammenarbeit mit der Inhouse-Agentur Alice Interactive (ehemals Codewort, Anm.) erstellt, die im Übrigen auch für die App-Entwicklung verantwortlich zeichnet.

Kindle App und Line Extensions

Um den erfolgreichen Weg zur Gewinnung neuer Werbekunden, die laut Kaltenbrunner "nie in der Printausgabe inseriert hätten", konsequent weiterzuverfolgen, sollen neben dem Launch einer Kindle-Kompaktausgabe um 79 Cent pro Ausgabe die Line-Extensions ausgeweitet werden. Gab es bis jetzt die "Datum Motor"-App, sollen in den nächsten Monaten "Datum Reportage" und "Datum Foto" das Portfolio verstärken. Abschließend äußerte Kaltenbrunner noch den Wunsch nach einem Schulterschlusses österreichischer Verleger, um Paid Content in Österreich salonfähig zu machen.

Native Programmierung

Peter Krotky, Digitalchef von "DiePresse.com", bot dem vollbesetzen Saal in der Hofburg Einblick ins aktuelle Geschäft. Die österreichische Tageszeitung hat im Herbst 2011 ihre nativ programmierte App bezahlpflichtig gemacht. Ob die kostspielige Strategie der nativen App-Programmierung für die nächsten fünf Jahre beibehalten werde, konnte Krotky nicht bestätigen, mit der derzeitigen Performance sowie der positiven Bewertung im iStore sei er jedoch "sehr zufrieden".

Insgesamt verzeichnet DiePresse.com aktuell zwanzig Prozent der Zugriffe und dreißig Prozent der Page Impressions über mobile Endgeräte. Die Nutzungsintensitäten seien bei der App bis zu dreimal so hoch wie im Web und brächten mehr Seitenaufrufe pro User, sagte Krotky. Für das "Schlagwort Responsive Design" konnte er sich aufgrund der veränderten Darstellungsweise nicht erwärmen. 

Ernüchternder Android-Launch

Seit zwei Monaten ist DiePresse.com auch mit einer Android-App im Netz vertreten, die Erfahrungen sind laut dem Digitalchef ernüchternd. "Die Android-App wird gefühlt weniger angenommen und es gibt eine deutlich geringere Zahlbereitschaft", sagte Krotky, "Dafür haben die Nutzer eine höhere Toleranz bei Bugs und sie reagieren sensibler bezüglich Datenschutz."

Lektionen eines Reiseverlags

Jörg Plathner vom Reiseverlag Mairdumont, der unter anderem die Marco-Polo-Reiseführer herausgibt, konnte die Erfahrungen mit Android-Usern bestätigen. Laut seiner Erfahrung sei die Zahlbereitschaft bei iPhone-Nutzern ungleich höher.

Das Familienunternehmen hat bereits 2009 seine erste iPhone App vorgestellt, dabei jedoch den Fehler begangen, diese von einer nicht mehr existierenden Firma in den Apple Store stellen zu lassen. "Nun ist die App seit einem Jahr nicht mehr aktuell, aber wir bekommen sie da einfach nicht raus", erzählte Plathner, "Lektion 1: Die App immer selbst in den Store stellen."

Freemium-Modell

Nach einer ausgiebigen und kostspieligen Testphase hat sich der deutsche Verlag entschieden, in eine zentrale Datenbank für POIs und Reiseführertexte sowie in ein integriertes Redaktionssystem zu investieren. Die geplante Container-App wird, dem Freemium-Modell folgend, verschiedene Destinationen zum Download anbieten, die erste Ausgabe soll als Anreiz kostenlos zu testen sein. Auch Mairdumont zollt wie DiePresse.com dem neuesten Tablet-Trend seinen Tribut: Schon in wenigen Tagen werden die ersten Kindle-Ausgaben des Verlags vorgestellt. (Tatjana Rauth, derStandard.at, 12.7.2012)