Dass Thomas Szekeres am Montagabend zum Präsidenten der Wiener Ärztekammer gewählt wurde, ist in mehrerlei Hinsicht ungewöhnlich: Er ist - im Gegensatz zu den meisten seiner Vorgänger - Spitalsarzt und nicht Niedergelassener; er ist ein Roter in einer traditionell schwarz dominierten Standesvertretung; und er hat es geschafft, eine Koalition ohne die stimmenstärkste Fraktion, die VP-nahe Vereinigung, zu schmieden - durchaus ein Kunststück bei 90 Mandataren aus 14 verschiedenen Fraktionen.

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Szekeres, der mit seiner Frau in der Wiener Innenstadt wohnt, im Herbst vergangenen Jahres als kampfeslustiger Betriebsrat des AKH bekannt. Dort kämpfte er gegen angeblich drohende Personalkürzungen und gründete sogar einen Verein mit dem Ansinnen, Spenden für die Ärztegehälter zu sammeln. Es folgte die Finanzierungszusage vom Wissenschaftsministerium, was Szekeres nicht daran hinderte, seinen Protest im Frühjahr - mitten im Ärztekammer-Wahlkampf - wieder aufzugießen. Sein Engagement brachte ihm allerdings nicht nur Applaus ein: Als er von einer "ersten Konsequenz der Personalreduktionen" sprach, nachdem eine Schwangere nach einem Besuch im AKH ihr Kind verloren hatte, kürte ihn der Falter prompt zum " Dolm der Woche".

Szekeres' Gegner in der Kammer haben ganz andere Befürchtungen: Gerade jetzt, da eine Entscheidung über die Einführung der Elektronischen Gesundheitsakte (Elga) ansteht, könnte der Widerstand der Ärztekammer gegen den roten Gesundheitsminister bröckeln. Szekeres bestreitet dies freilich vehement: Er sei zwar "seit frühester Jugend Mitglied der SPÖ", mit seiner Funktion als Standesvertreter habe dies aber nichts zu tun. Im Gegenteil: Sein "Zugang zur Politik" könne für die Ärzte nur Vorteile haben. In der Auseinandersetzung rund um das AKH kam die rote Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely jedenfalls auffallend gut weg. Gegen Elga spricht sich Szekeres zumindest "in der derzeitigen Form" aus.

Der 50-Jährige Mediziner, dessen Spezialgebiet die Krebsforschung ist, befindet sich nun im Kreis derer, die als österreichischer Ärztekammer-Präsident infrage kommen. Ihm selbst werden dabei kaum Chancen eingeräumt, er soll aber an einer Allianz mit dem niederösterreichischen Präsidenten Christoph Reisner feilen. Erfahrung mit ungewöhnlichen Koalitionen hat Szekeres ja bereits. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 9.5.2012)