Die Wechselausstellungen in diesem Jahr sind dem Sparstift noch nicht zum Opfer gefallen: Ab 15. März zeigt das Az W die Ausstellung "Hands-On Urbanism 1850-2012. Vom Recht auf Grün", die die bereits lange Tradition von Landnahmen im urbanen Raum aufgreift.

Ma Shi Po Village, New Territories in Hongkong, Foto: Shu-Mei Huang

Im Sommer gibt es mit "Europas beste Bauten. Mies van der Rohe Award 2011" rund 50 innovative zeitgenössische Architekturprojekte aus Europa zu sehen, die anhand von Modellen, Plan- und Fotomaterial präsentiert werden.

Neues Museum Berlin © Stiftung Preussischer Kulturbesitz / David Chipperfield Architects, Foto: Jörg von Bruchhausen

Die Herbstausstellung "Sowjetmoderne. Unbekannte Meisterwerke 1955-1991" widmet sich den Republiken der ehemaligen Sowjetunion und ihrer bisher kaum erforschten Parallelwelt der Architektur des Modernismus.

Transportministerium, 1974, Tbilisi, Georgien, Foto: Simona Rota

Schwierige Gespräche beginnt man am besten mit einer guten Nachricht. So macht das auch Dietmar Steiner, Direktor des Architekturzentrums Wien (Az W). Er und sein Team sind stolz darauf, dass im letzten Jahr das Archiv und die Sammlung des Museums erneut sehr gewachsen sind. Die drei Wechselausstellungen hatten mehr Besucher, als sie es sich erträumt hatten, und auch sonst war 2011 ein durchaus erfolgreiches Jahr. Dennoch sei der Ausblick auf die Zukunft des österreichischen Architekturmuseums bitter.

Wie bereits in den letzten Jahren immer wieder kommuniziert wurde, steckt das Az W in schweren finanziellen Nöten, die sich weiterhin verschärfen. "Gerade weil Archiv und Sammlung angewachsen sind und die Tätigkeitsfelder im Architekturzentrum zugenommen haben, sind wir an ein ökonomisches Limit gelangt", schildert Steiner bei der Jahrespressekonferenz die Situation. Trotz strikten Einsparungsprogramms musste im letzten Jahr der traditionelle Wiener Architekturkongress abgesagt werden, zu Jahresbeginn "mussten wir noch einen Einschnitt im Programm tätigen und die seit 1996 sehr erfolgreiche Reihe der Sonntags-Exkursionen komplett streichen".

500.000 Euro fehlen

Die finanziellen Mittel der Stadt Wien für das Az W wurden seit dem Jahr 2001 nicht erhöht, die des Bunds seien seit 1995 die gleichen. Mittlerweile spricht das Az W von rund 500.000 Euro, die es aufgrund der Inflation jährlich weniger bekommt - und die eindeutig fehlen: "Wenn man bedenkt, dass sich das Programm und das Aufgabengebiet des Az W seit 2001 sehr gesteigert haben, ist das umso gravierender", so Hannes Pflaum, Präsident des Vorstands.

Zusätzlich zu den stetig wachsenden Aufgaben des Az W, etwa dem Aufbau eines umfassenden österreichischen Architekturarchivs oder der Vermittlertätigkeit mit Kinder- und Jugendprogrammen, brauche auch die Bezahlung der Mitarbeiter mehr Geld als bisher verfügbar. "Wir bemühen uns redlichst, eine faire Entlohnung für die hochwertige Arbeit, die unsere engagierten Mitarbeiter erledigen, zu zahlen", sagt Geschäftsführerin Karin Lux. "Wie wir aber alle wissen, sind auch die Lohnkosten in den letzten 15 Jahren dramatisch gestiegen. Darum ist klar, dass sich das nicht ausgehen kann, wenn das Budget immer gleich bleibt."

Forderung: Bekenntnis zur Architektur

"Dass wir trotzdem bis jetzt irgendwie über die Runden gekommen sind, ist auf unsere äußerste Sparsamkeit zurückzuführen", so Pflaum. "Ich bin hier als Vorstand und Präsident zur Rolle eines Erbsenzählers verurteilt, das ist nicht mein Wesen, aber ich muss es sein. Ich kontrolliere sogar die Spesenabrechnungen der Geschäftsführung." Mit Nachdruck fordert Pflaum die öffentliche Hand dazu auf, endlich ein Bekenntnis zur Architektur abzugeben. "Und wenn sie das tut, dann muss sie uns auch die Mittel zur Verfügung stellen, um unsere Aufgaben zu erledigen. Mit unserem Vermittlungsprogramm machen wir eigentlich genau das, was auf der Linie der Ministerin (Bildungsministerin Claudia Schmied, Anm.) läge, und trotzdem bekommen wir dafür nicht die geringste zusätzliche Unterstützung."

Trotz der schwierigen Zeiten präsentiert das Az W auch dieses Jahr wieder ein spannendes Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm. Ein langfristiges Ziel wird aber nicht aus den Augen verloren: "Wir wollen irgendwann das österreichische Architekturmuseum im Semperdepot umsetzen." Bevor dieser Wunsch allerdings in greifbare Nähe rücken könne, sei man ohnehin mit anderen Problemen beschäftigt: "Wir kämpfen ums Überleben", so Pflaum. "Wir wollen nicht irgendwie dahinvegetieren und als Platzhalter dienen, sondern unsere Aufgaben erfüllen. Dazu brauchen wir mehr Geld, und dafür werden wir kämpfen." (Jasmin Al-Kattib, derStandard.at, 2.2.2012)