Bild nicht mehr verfügbar.

Auf dem asiatischen Kontinent lassen weltweit die meisten Menschen bei der Schönheit nachhelfen. Rang eins unter den Ländern belegen aber die USA.

Foto: REUTERS/Stringer
Grafik: Der Standard

Obwohl es keine verlässlichen Zahlen gibt, ist sich die Fachwelt einig: Immer mehr Menschen legen sich der Schönheit wegen unters Messer. In Südamerika gilt chirurgisches Nachhelfen auch längst nicht mehr als anstößig. Mit dem Gutschein für die Brustvergrößerung wird in Venezuela, Brasilien oder auch den USA gern mal ein Schul- oder Uni-Abschluss belohnt - wobei Asien der Kontinent mit den meisten Schönheitseingriffen ist. Auch immer mehr Männer fragen nach Behandlungen.

In Österreich locken Anzeigen in Magazinen oft mit Sonderangeboten für ästhetische Eingriffe. "Das macht den Eindruck, als wäre man im Supermarkt", kritisiert Thomas Hintringer, Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Plastische Chirurgie. Risiken würden komplett ausgeblendet, meint er. Vielleicht war auch deshalb der Schock so groß, als der Skandal um die fehlerhaften Brustimplantate aus Frankreich aufkam (siehe Artikel rechts).

Griechen im Schönheitswahn

Erst seit 2009 gibt es Erhebungen dazu, wie viele Menschen weltweit mittels OP, Unterspritzung oder Ähnlichem auf ihr Äußeres einwirken. Die neuesten Zahlen der International Society of Aesthetic Plastic Surgery (ISAPS) mit Sitz in den USA stammen aus dem Jahr 2010 (siehe Grafik). Sie zeigen ein überraschendes Detail: Gemessen an der Einwohnerzahl geben ausgerechnet die finanzmaroden Griechen besonders gern Geld für Schönheitseingriffe aus.

Die ISAPS befragte zehntausende Schönheitschirurgen und bat nationale Berufsverbände darum, ihre Mitglieder für eine Teilnahme an der Studie zu begeistern.

Wildwuchs an "Beauty-Docs"

Man muss aber davon ausgehen, dass 2010 deutlich mehr Eingriffe im Dienste der Schönheit gemacht wurden als die 18,6 Millionen Behandlungen, die im Bericht stehen (2009: 17,3 Millionen). Allein deshalb, weil nicht nur plastische Chirurgen derartige Behandlungen vornehmen - in Österreich darf das jeder Allgemeinarzt. Den Wildwuchs an "Beauty-Docs" will Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) in Österreich künftig unterbinden. Bis zum Sommer soll das entsprechende Gesetz stehen, durch das unter anderem nicht medizinisch notwendige Schönheits-OPs an unter 14-Jährigen und Gewinnspiele für Eingriffe verboten werden sollen.

Aber auch das Ministerium weiß nicht, wie oft die Dienste der ästhetischen Medizin in Österreich in Anspruch genommen werden. Zwar existiert ein Register, in dem Schönheitschirurgen eingesetzte Implantate anonymisiert verzeichnen können - aber nicht müssen. Seit 1996 wurden 17.000 Implantate registriert. "Es fehlt aber sicher eine große Zahl", gibt Hintringer zu.

"Botox to go"

Der Frankfurter Psychoanalytiker Thomas Ettl, der sich mit den psychischen Wurzeln des Körperkults auseinandersetzt, sagt, "es kommt eine Zeit, in der es so normal sein wird, zum Schönheitschirurgen zu gehen, wie zum Friseur." Schon gelte: "Botox to go."

Vor allem Menschen mit gestörtem Selbstwertgefühl, "die sich gezwungen fühlen, sich anzupassen", legen sich unters Messer, meint Ettl - und zieht Parallelen zu Betroffenen von Essstörungen, die ebenfalls "sehr auf das Urteil der Umwelt angewiesen sind. Und das bestimmt, wie man sich fühlt."

"Künstliche Falten"

Dass auf dem Markt bald eine Übersättigung herrschen könnte, glaubt Ettl nicht. "Die Schönheitsindustrie ist immer daran interessiert, das Geschäft am Laufen zu halten. Kommen Falten wieder in Mode, werden eben Falten künstlich erzeugt." (Gudrun Springer, DER STANDARD, Printausgabe, 21/22.1.2012)