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Leopold Hawelka ist tot.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Der wohl berühmteste Cafetier Wiens ist tot: Leopold Hawelka ist am Donnerstagnachmittag im 101. Lebensjahr zu Hause im Kreise der Familie entschlafen. Das teilte seine Tochter Herta Hawelka am Abend der APA mit. Hawelka hatte erst im vergangenen April seinen 100. Geburtstag gefeiert. Der am 11. April 1911 geborene Hawelka gründete das gleichnamige Cafe gemeinsam mit seiner 2005 verstorbenen Frau Josefine im Jahr 1939. Das Paar hatte zwei Kinder, neben der 1939 geborenen Herta der ein Jahr später zur Welt gekommene Günter.

"Mein Vater ist in seinem Bett gelegen und ohne Schmerzen eingeschlafen", berichtete seine Tochter. Er habe sich den ganzen Tag schon schwach gefühlt. Hawelka war bereits im Frühjahr einer großen Feier zu seinem 100. Geburtstag ferngeblieben.

Das Cafe Hawelka etablierte sich ab den 1960er Jahren zum Künstlertreff der heimischen Avantgarde, der Protagonisten wie Helmut Qualtinger, Oskar Werner oder Friedensreich Hundertwasser als Arbeits- und Wohnzimmerersatz diente.

Kein Leben ohne Cafe

Zeit seines Lebens konnte sich Leopold Hawelka ein Leben ohne sein Cafe in der Wiener Innenstadt nicht vorstellen. Trotz seines hohen Alters kam der Cafetier auch heuer noch beinahe täglich in sein berühmtes Lokal in der Dorotheergasse. "Er hat immer noch seine 20-Stunden-Woche", schmunzelte Enkel Michael Hawelka aus Anlass des 100. Geburtstages seines Großvaters. Michael Hawelka führt mittlerweile mit seinem Bruder Amir die legendäre Institution.

Kaffee ließ sich der Hausherr fast bis zuletzt regelmäßig im Hawelka servieren. Zwei bis drei Stunden saß der Cafetier-Methusalem an beinahe jedem Vormittag in seinem weit über Wiens Grenzen hinaus bekannten Lokal. "Er ist immer noch unser Generaldirektor. Wenn er im Haus ist, ist er der Chef", ließ Enkel Michael im Frühjahr keinen Zweifel am Führungsanspruch des Seniors.

Das Interieur blieb in der Ära Leopold Hawelkas praktisch unverändert. Die Kreativszene ist mittlerweile aber großteils Touristen, denen der Hausherr oft Autogramme gab, gewichen. Und dicke Rauchschwaden sind im Hawelka dank des Tabakgesetzes inzwischen Geschichte - sehr zum Missfallen von Leopold Hawelka. Der Enkel berichtete, dass sein Großvater immer wieder Anweisungen gab, Aschenbecher auf die Tische zu stellen.

Blütezeit in den 1960er Jahren

Der Alt-Cafetier selbst habe indes immer "solid" gelebt, nannte Leopold Hawelka vor zwei Jahren in einem APA-Interview das Geheimnis seines langen Lebens. Zumindest ein Laster hatte der Seniorchef allerdings: Süßigkeiten. Schließlich gehörten die hauseigenen Buchteln zu seinen Lieblingsspeisen, wie er damals bekannte. Sie haben es im Lauf der Jahrzehnte ebenfalls zum Legendenstatus gebracht. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2005 wurden die gefüllten Germziegel von Leopolds Gattin Josefine selbst in den Ofen geschoben. Danach kümmerte sich Sohn Günter - gelernter Konditor und ebenfalls bereits im Pensionsalter - um das begehrte Backwerk.

Der am 11. April 1911 im niederösterreichischen Mistelbach geborene Hawelka hat neben dem Cafe in der Dorotheergasse einer weiteren Wiener Kaffeehaus-Institution zur Geburt verholfen. 1936 - drei Jahre vor dem Hawelka - gründeten er und seine Frau das Cafe Alt Wien in der Bäckerstraße, das es dort noch heute gibt. Erst drei Jahre später wechselten sie den Standort und zogen in die Dorotheergasse.

Ab den 1960er Jahren erlebte das nur rund 100 Quadratmeter große Lokal seine Blütezeit. Als erstes entdeckten die Schriftsteller, darunter Friedrich Torberg und Heimito von Doderer, das Cafe. Nach und nach entwickelte sich das Hawelka zu einem Brennpunkt der Wiener Szene. Neben den Protagonisten des "Phantastischen Realismus" fanden sich unter den Stammgästen H.C. Artmann, Gerhard Rühm und Helmut Qualtinger ebenso wie Oskar Werner, Nikolaus Harnoncourt und Andre Heller. Musikalisch verewigt wurde das kleine Kaffeehaus damals von Georg Danzer. In seinem Flitzerlied "Jö schau" heißt es: "Jö schau, so a Sau, jössas na, was macht a Nackerter im Hawelka?" (APA)