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Die Erfolgschancen von Google+ werden von Beobachtern unterschiedlich eingeschätzt

Foto: dapd

Der Start der "Fanseiten" auf Google+ am vergangenen Montag hat unter Beobachtern Reaktionen hervorgerufen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während die einen Google+ schon bald an Facebook und vor allem Twitter vorbeiziehen sehen, ist Googles soziales Netzwerk für andere bereits gestorben.

Google+ als Business-Tool

Google+ ging im Juni dieses Jahres als geschlossene Beta-Version an den Start und ist seit Anfang September für alle User offen. Zunächst erlaubte Google nur private Nutzer, was viele Unternehmen und Medien verärgert hat, die auf Facebook schon länger erfolgreiche Fanpages betreuen. Am Montag hat sich Google+ nun für Unternehmen und Marken geöffnet und zahlreiche Firmen haben das Angebot bereits angenommen. Google+ ist neuerdings auch Teil der Google Apps und wird vom Konzern nun offensiv als Business-Tool beworben.

Direct Connect

Mit den Fanseiten und anderen Features, um die Google das Netzwerk nach und nach erweitert, wird Google+ für etablierte Plattformen wie Facebook und Twitter eine immer ernster zu nehmende Konkurrenz. Davon ist Wired-Autor Caleb Garling überzeugt. Für Unternehmen sei vor allem die enge Integration von Google+ in die Suchmaschine interessant. Über die Direct Connect-Funktion werden Nutzer künftig durch die Voransetzung eines "+" vor einen Suchbegriff wie etwa "Pepsi" direkt auf die Google+-Seite des Unternehmens geleitet, das Profil kann auch direkt in die eigenen Kreise aufgenommen werden. Die Funktion ist allerdings noch nicht für alle +-Pages und User verfügbar. Voraussetzung ist unter anderem, dass ein Google+-Profil mit der offiziellen Website des jeweiligen Unternehmens verknüpft ist.

Stärkere Konkurrenz zu Twitter

Damit und mit der Integration anderer Dienste und Produkte wie Gmail, Chrome oder Android mit Google+ hat Google einen Vorteil gegenüber Twitter und Facebook, deren Angebote nur auf das eigentliche Social Network beschränkt ist. Dabei dürften die Ähnlichkeiten zwischen Twitter und Google+ und somit auch die Konkurrenz größer sein als zu Facebook. Die 140 Zeichen langen Texte sind für viele User und Unternehmen zwar ideal um sehr schnell Nachrichten und Links zu verbreiten und schnell an Informationshappen zu gelangen. Wer umfangreichere Botschaften und vor allem Fotos und Videos verbreiten aber auch in einen direkteren Dialog mit anderen Nutzern treten möchte, findet bei Google+ mehr Spielraum. Auf Twitter sind Diskussionen zwischen mehreren Nutzern kaum möglich.

"Google+ ist tot"

Diese Entschätzung der Stärken und Chancen von Google+ teilen jedoch nicht alle Beobachter. Beim Slate-Magazin ist man etwa sicher, dass das Netzwerk seine Chance hatte und sie verspielt hat. Dort hat man dem Unternehmen offenbar nicht verziehen, dass zum Start von Google+ Unternehmensseiten rigoros gelöscht wurden. "Es gibt nichts auf Google+ zu tun, und immer, wenn jemand einen Weg zur Nutzung findet, schaltet Google die Lichter aus", meint Autor Farhad Manjoo.

Geisterstadt

Der Autor beruft sich auf Analysen, denen zufolge der Traffic auf Google+ seit der Öffnung stark abgenommen habe. Auch Googles eigene Manager seien gelangweilt und würden das Netzwerk kaum nutzen. Erst nach Hinweisen von Bloggern hätten die Gründer Larry Page und Sergey Brin wieder aktiver am Google+-Leben teilgenommen. Chairman Eric Schmidt habe erstmals auf Google+ zum Tod von Apple-Mitgründer Steve Jobs gepostet. Abgesehen davon, hätte sich Google+ nicht stark genug von der Konkurrenz abheben können. Auch mit neuen Features könne Google nichts dagegen tun, dass die Plattform zur Geisterstadt werde.

Schritt für Schritt

Der Suchmaschinengigant baut Google+ wie auch seine anderen Produkte Schritt für Schritt auf. Wie etwa beim mobilen Betriebssystem Android hat Google mit einem relativ rohen Produkt begonnen und neue Features durch kurze Update-Zyklen ergänzt. Mit Android war das Unternehmen bislang sehr erfolgreich. Gleiches gilt für andere Services wie Gmail oder Chrome. Für den Slate-Autor könne diese Strategie aber nicht auf ein soziales Netzwerk umgelegt werden, da es kein übliches Produkt sei, sondern ein Ort, der eine kritische Masse an Nutzern benötige, um zu funktionieren. Auch bei den nun gestarteten Fanseiten fehlen vorerst noch wichtige Funktionen, wie etwa die Verwaltung durch mehrere Administratoren. Auch das erwähnte Direct Connect befindet sich noch in einer Testphase.

Millionen

Über die tatsächliche Nutzung von Google+ lassen sich nur schwer korrekte Aussagen treffen. Innerhalb der wenigen Monate, die es nun zur Verfügung steht, konnte die Plattform über 40 Millionen User anlocken. Im Vergleich zu den über 750 Millionen Usern von Facebook und Twitters geschätzten 400 Millionen registrieren Accounts sind 40 Millionen Profile ein Tropfen auf den heißen Stein. Außerdem ist unklar, wieviele User Google+ tatsächlich aktiv nutzen, gleiches gilt allerdings auch für Twitter. Klar ist aber auch, dass der Erfolg oder das Scheitern einer neuen Plattform nicht schon nach zwei Monaten seit dem offiziellen Start für endgültig erklärt werden kann. Die vielen Unternehmen, die seit Montag Fanpages angelegt haben sind zumindest ein Beweis dafür, dass das Interesse an Google+ noch immer hoch ist. Und auch das User-Interesse an den Seiten ist vorhanden. Dem offiziellen Profil des WebStandard folgen seit Montagfrüh bereits über 2.300 Nutzer. (Birgit Riegler/derStandard.at, 9. November 2011)