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Justizministerin Beatrix Karl und der Vorsitzende der Bundesvertretung der Richter und Staatsanwälte, Klaus Schröder, beim Bundestag.

Foto: apa/Herbert Neubauer

Wien  - Die Richter und Staatsanwälte in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) haben am Mittwoch auf ihrem Bundestag eine Reihe von Forderungen an die Politik bekräftigt und zugleich Wege aus einer Vertrauenskrise der Justiz gesucht. Einer parlamentarischen Kontrolle der Justiz wurde ebenso eine Absage erteilt wie dem Weisungsrecht, beklagt wurde vom Vorsitzenden der Bundesvertretung, Klaus Schröder, zudem wieder Personalmangel in der Justiz. Zudem plädierte er für einen offensiven und transparenten Umgang mit den Medien. Die neue Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) wurde wohlwollend bis hoffnungsfroh aufgenommen.

Karl versichert "Dialog mit allen Beteiligten"

Karl versicherte den Standesvertretern einmal mehr ihr Bemühen um vertrauensvolle Zusammenarbeit und den "Dialog mit allen Beteiligten". Der jüngste Vertrauensverlust in die Justiz sei "besorgniserregend", doch werde sie auch oft "schlechtgeredet" und "leider zu Unrecht auf Großverfahren reduziert". Gemeinsam gelte es nun das Verständnis der Öffentlichkeit zu fördern. Erste Gespräche mit Justizvertretern seien jedenfalls in einem angenehmen und sachlichen Klima von Statten gegangen, so die Ministerin. Erste konstruktive Zusammentreffen wurden auch von Richter-Präsident Werner Zinkl bestätigt und Karl von den Anwesenden mit nachdrücklichem Applaus bedacht.

Zugleich wurde der Ressortchefin aber quasi ein Rucksack an Forderungen mitgegeben, von denen die meisten bekannt sind, einige aber zuletzt wieder ins Zentrum der Debatte rückten. Eindringliche Appelle gab es an die Politik, sich aus der Justiz herauszuhalten - sowohl von Schröder als auch von Zinkl und OGH-Präsidentin Irmgard Griss. Ein "Rat der Gerichtsbarkeit" oder aber ein unabhängiger Generalanwalt statt jeglichen Weisungsrechts oder gar einer Kontrolle durch das Parlament wurde daher einmal mehr urgiert. Denn "wenn die Politik versucht, die Justiz vor den Karren ihrer eigenen Interessen zu spannen, sie quasi in politische Geiselhaft nimmt", trügen sowohl Politik als auch Justiz Schaden davon, so Schröder.

Strengere Bestimmungen für verurteilte Mandatare

Er forderte außerdem strengere Bestimmungen für rechtskräftig verurteilte Mandatare und striktere Rechtsgrundlagen gegen politische Korruption, unter anderem auch spezielle zivilrechtliche Rückforderungsansprüche für missbräuchlich verwendete Parteienförderung. "Gerichte und Staatsanwaltschaften können für legistische Freibriefe des Gesetzgebers zum Machtmissbrauch durch korrupte Politiker nicht verantwortlich gemacht werden."

Medienkritische Worte waren von mehreren Rednern, auch von GÖD-Vorsitzendem Fritz Neugebauer (ÖVP), zu hören. Beklagt wurden sowohl hämische Meldungen zur beruflichen Zukunft der früheren Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) als auch die Tendenz zur Vorverurteilung oder versuchte Eingriffe in Ermittlungen. Zuvorderst sei aber hier die Justiz selbst gefordert, so der Grundtenor: Nämlich in Dialog mit den Medien zu treten, auch Hintergründe zu kommunizieren und "ihren Elfenbeinturm" zu öffnen, wie es Schröder formulierte. Er nahm aber auch von Selbstkritik nicht Abstand und meinte, es sei "zu wenig, sich vor sachlicher Kritik zu verstecken oder auf unsachliche Kritik mit Empörung zu reagieren".

Nicht fehlen durfte der Wunsch nach mehr Personal für die Justiz. Laut aktueller Personalanforderungsrechnung (PAR) 2010 würden in Bezirks- und Landesgerichten insgesamt rund 170 Richterstellen fehlen, rechnete Schröder vor. Dies entspreche einem "Fehlbestand von mehr als zehn Prozent". Dezidiert weist die GÖD außerdem auf die "gravierende personelle Unterversorgung" der Korruptionsstaatsanwaltschaft hin. Neugebauer stellte denn auch weitere Personal-Verhandlungen in Aussicht.

Schröder wiedergewählt

Am Bundestag wurde Klaus Schröder als Vorsitzender der Bundesvertretung der Richter und Staatsanwälte für eine fünfjährige Funktionsperiode bestätigt, teilte die GÖD mit. Der 53-jährige Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck erhielt demnach 100 Prozent der Delegiertenstimmen. Sein Stellvertreter ist der bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien tätige Oberstaatsanwalt Martin Ulrich. (APA)