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Steve Jobs bei einer Pressekonferenz zum Antennen-Problem im Jahr 2010: "Wir sind nicht perfekt und wir möchten alle unsere User glücklich machen."

Foto: Reuters, KIMBERLY WHITE

Gemäß dem Motto "Gut Ding braucht Weile" legt Apple generell eine bestimmte Vorsicht an den Tag: Ob es sich um Produktdesign oder auch Krisenmanagement handelt. Wenn es aber um damage control geht, könnte der Konzern einen Strategiewechsel in Betracht ziehen, urteilen Kritiker. Das Wired-Magazine gibt einen Einblick in das soeben veröffentlichte Buch von Jason Snell, Editorial Director bei Macworld. Darin analysiert er Apples Krisenmanagement und legt Beispiele vor, weshalb ein und dieselbe Taktik nicht immer zum gleichen Happy-End führt.

Schneller reagieren

Apples Reakion auf Schwierigkeiten, schreibt Snell, weist ein klares Muster auf: Der Konzern lässt sich Zeit, um vorsichtig und detailliert auf öffentliche Kritik zu antworten. Das jüngste Beispiel, die iPhone-Tracking-Kontroverse, und das Antennen-Debakel beim iPhone 4 im vergangenen Jahr erinnern daran. Experten zufolge müssten Unternehmen erheblich rascher auf Krisen reagieren. "Wir leben in einer Welt, die in Sekunden urteilt", sagt Michael Robinson, Senior Vice President bei Levick Strategic Communications, das Unternehmen in PR-Notfällen berät, in einem Interview mit Computerworld.

Sony verfährt ähnlich

Apple ist nicht der einzige Konzern, der diesbezüglich langsam vorgeht. Auch Sony ließ sich über eine Woche Zeit, um eine kritische Sicherheitslücke zu erkennen und darüber zu berichten. Hacker sollen Online-Nutzern des Playstation Network 2,2 Millionen Kreditkartendaten gestohlen haben (der WebStandard berichtete).

Antennen-Verbindungsproblem

Auch Apple hat eine ganze Woche gewartet, um in der iPhone-Tracking-Causa eine Q&A-Stellungnahme zu veröffentlichen, worin das Unternehmen einige Fehler eingestand. "Bis wir allen Problemen auf den Grund gegangen waren, sind einige Tage vergangen", rechtfertigte Steve Jobs die lange Wartezeit in einem Interview mit All Things Digital. "Da es sich um ein komplexes High-Tech-Thema handelt, dauerte es wiederum einige Tage, um die Erklärungen verständlich zu formulieren", so Jobs. Eine ähnliche Antwort gab der Apple-Chef rund um die Antennen-Debatte beim iPhone 4, als Kunden beim Telefonieren über Verbindungsabstürze klagten. "Wir haben vor 22 Tagen von den Verbindungsproblemen erfahren und seitdem angestrengend an einer Lösung gearbeitet. Es ist nicht so, dass wir drei Monate den Kopf in den Sand gesteckt haben", wehrte sich Jobs in einer Pressekonferenz im vergangenen Jahr.

Trotz Krise explodierende iPhone-4-Absätze

In diesen beiden Szenarien reagierte Apple mit einem für manche Kritiker viel zu langsamen Krisenmanagement. Im Fall der Antennen-Krise hatte Apples eigentümliche und langsame Vorgehensweise beim Unternehmen keinen Schaden angerichtet, wie die explodierenden Absätze beim iPhone 4 trotz Kontroverse bewiesen. Folglich sollte Apple auch unbeschädigt aus dem Tracking-Fiasko hervorgehen, spekuliert Wired. "Ich bin nicht davon überzeugt, dass Apple irgendeinen Grund hat zu glauben, seine Krisen-Angehensweise sei falsch", schreibt Snell in seiner Analyse.

Von MobileMe zu "MobileMess"

In einer anderen großen "Krise" hingegen ging Apples Eile-mit-Weile-Strategie nicht auf. Bis zum Start von MobileMe im Jahr 2008, hatte Apple mit Krisen-PR wenig Erfahrung. Der Anfang des Online-Dienstes für E-Mails, Kalender und Kontakte verlief sehr holprig, gab Steve Jobs zu. Nach kurzer Zeit hatten gut 20.000 bzw. ein Prozent MobileMe-Nutzer wochenlang keinen E-Mail-Zugriff oder berichteten von Tausenden gelöschten Nachrichten. Im Zuge dieses als "MobileMess" kritisierten Problems, gab Apple keine öffentliche Stellungnahme an die Presse ab. Einzig eine kurze Erklärung an die Kunden gab es - ohne Informationen zur Dauer der Fehlerbehebung. Genau das selbe Krisenmanagement im "Schneckentempo" konnte man nun im jüngsten iPhone-Tracking-Fall beobachten, so die Kritiker.

Imageverlust und Vertrauensverlust

Das Urteil für MobileMe lautete sowohl unter Tech-Journalisten als auch von Steve Jobs' Seite, MobileMe entspräche "nicht Apples Standards". Für den Dienst kam jede Hilfe zu spät: sein Image war ruiniert. Der Unterschied zwischen MobileMe und der iPhone-Location-Debatte? Bei MobileMe waren die User vom E-Mail-Ausfall betroffen und drängten nach Antworten und Lösungen. Sie bekamen nicht die Aufmerksamkeit von Apple, die sie verlangten und als Folge brach das Vertrauen zur Marke MobileMe ein.

Kunden verdienen schnellere Antworten

Im Fall der Ortsdatensammlung beim iPhone 4 sind es die Medien und Regierungen, die mehr Transparenz von Apple geltend machen, und nicht Tausende von Kunden. Demnach werde Apple wohl keine Verkaufseinbußen beim iPhone beklagen müssen. Obwohl Apples Reaktion auf die Tracking-Debatte effizient war, gibt es Kritik: Nicht Journalisten, sondern Kunden hätten es verdient, alle Informationen zu ihren Produkten zu erhalten.

iPhone-Tracking kein großes Problem

Schlussendlich ist der einzige Grund, so das Wired-Magazine, warum das iPhone-Tracking auf die Agenda kam, dass Apples Sicherheitsteam nicht auf die Fragen zweier Data Scientists reagierte. Sie veröffentlichten einen Artikel, in dem sie schrieben: "Wir haben Apples Product Security Team kontaktiert, aber keine Antwort von ihnen erhalten." Für Apple löste sich das Location-Problem beim Smartphone in Wohlgefallen auf. (ez)