„Die Neutralität ist ein Zukunftsmodell. Ich lehne es ab, dass alle wirtschaftlichen und sozialen Konflikte auf militärischer Ebene durchdacht und gelöst werden. Es braucht einen Politikwechsel in Österreich, hin zu Friedens- und Neutralitätspolitik, da kann man an gute Traditionen anknüpfen", sagt Andreas Babler (SPÖ), Mitinitiator der Plattform „Neutralität statt Berufsheer und EU-Kampftruppen", im Gespräch mit derStandard.at. Babler ist SPÖ-Stadtparteivorsitzender in Traiskirchen und Mitglied des niederösterreichischen Landesparteiausschusses. Der ehemalige Berufssoldat fühlt sich von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) betrogen. 

Rebelliert jetzt auch die Basis gegen den Verteidigungsminister? Nach der parteiinternen Kritik von SPÖ-Wehrsprecher Stefan Prähauser, der von Anfang an gegen Darabos‘ Pläne zur Umstellung auf eine Freiwilligen-Armee war, richtete Oberbefehlshaber Heinz Fischer dem Verteidigungsminister mit einem Bericht in den Vorarlberger Nachrichten seine Vorbehalte gegen ein Berufsheer aus. Der filigrane parteiinterne Rückhalt für Darabos scheint zu bröckeln.

"Parteilinie kann nicht über Medien ausgerichtet werden"

Mit Kritik an Norbert Darabos spart auch Andreas Babler nicht. Darabos verliere nicht den Rückhalt in der Partei, aber er bekomme ihn bei der Abschaffung der Wehrpflicht nicht. „Das ist keine irrelevante Frage, die der Bundeskanzler, der Verteidigungsminister oder die Regierungsfraktion zu entscheiden hat. Da muss es zuerst im Bundesparteivorstand, in den Landesparteivorständen und in den Bezirksorganisationen eine inhaltliche Diskussion geben", so Babler. Diese Auseinandersetzung fehle. Auch die Vorgangsweise der Regierungsmitglieder stört den niederösterreichischen Politiker: „Es kann nicht sein, dass im Zuge des Wiener Wahlkampfes in so elementaren Fragen Positionen vorgegeben werden." Die Parteilinie könne nicht über die Medien ausgerichtet werden, ohne vorangegangene inhaltliche Diskussion, betont Babler und fordert einen außerordentlichen Bundesparteitag zur österreichischen Sicherheitsdoktrin. 

Die Initiative soll aufzeigen, dass viele aus der SPÖ-Basis gegen ein Berufsheer sind, wenngleich die Plattform „Neutralität statt Berufsheer und EU-Kampftruppen" keine reine SPÖ-Bewegung ist, sondern überparteilich. Am 13. Februar wurde die Plattform von etwa 20 BetriebsrätInnen, GemeinderätInnen, Stadträten und ehemaligen Reservisten gegründet. Auf der Homepage heißt es „Die jüngsten Äußerungen des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl zeigen, dass es bei der aktuell geplanten Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht nicht um einen Schritt zu Frieden und Abrüstung, sondern um die Abschaffung der Neutralität durch die Hintertür geht." Die enge Kooperation mit der EU bei Forschung, Ausbildung und Hubschrauberkapazitäten und strategischem Lufttransport sei mit der Neutralität nicht vereinbar. Weiters fürchten die Initiatoren durch eine Einführung eines Berufsheers eine Einbindung in eine EU-Militarisierung und EU-Kriegspolitik. 

Babler drückt das etwas abgeschwächter aus: „Wir wehren uns dagegen, dass die Neutralität stückchenweise abgeschafft und ausgehöhlt wird. Man muss radikal umdenken und die militärischen Fragen in den Hintergrund rücken. Wir haben uns mit verschiedenen Ratifizierungen schon schrittweise von der Neutralität entfernt, obwohl sie in der Verfassung verankert ist." Daher fordert er eine Rückkehr zu einer aktiven Neutralitätspolitik, „ein Berufsheer geht eindeutig in die Richtung, dass Österreich als Kriegsteilnehmer die Bühne betritt." (mte, derStandard.at, 22. Februar 2011)