Der jüngste Vorstoß der ÖVP, die Wehrpflicht von sechs auf fünf Monate zu verkürzen, wird von den Militärexperten Gerald Karner und Erich Reiter abgelehnt. Bei einer Verkürzung wäre keine fundierte Ausbildung mehr möglich, sagte Karner im Ö1 Mittagsjournal. Der Vorschlag sei sehr "populistisch" und würde nur das "Siechtum des Bundesheeres weiter prolongieren".

In fünf Monaten könnte man einem jungem Mann nicht viel beibringen, so Karner, einst zuständig für Militärstrategie im Bundesheer. "Man kann ihm einen Grundeindruck vermitteln, wie er sich als Soldat zu verhalten hätte", für kompliziertere Einsätze sei er allerdings nicht geeignet. Es fehle ihm die Fähigkeit, in einem Verband wirksam eingesetzt zu werden. Sechs Monate seien die absolute Untergrenze.

Auch Erich Reiter, ehemaliger Sektionschef im Verteidigungsministerium, lehnt einen kürzeren Wehrdienst ab. Die jetzige Form des Wehrdienstes sei unsinnig: "Wir bilden aus, und nützen die Ausgebildeten dann überhaupt nicht". Der Wehrdienst bringe keinen Zuwachs an Soldaten, koste aber viel. Zur Beherrschung der "modernen Kriegsführung" brauche man Profis. Die Wehrpflicht diene eher dem Aufrechterhalten einer Fassade, so Reiter, der sich für deren Abschaffung aussprach.

Neben der Verkürzung der Wehrpflicht will die ÖVP auch die Tauglichkeitsprüfungen für Wehrdiener verschärfen. Alle Untauglichen  sollen dann einen "verpflichtenden Zivildienst" absolvieren.

Kritik aus den eigen Reihen für Darabos

Verteidigungsminister Norbert Darabos muss indes auch Kritik aus den eigenen Reihen einstecken: Die Bundesheerdebatte sei verkehrt herum aufgezogen worden, sagte etwa der steirische Landeshauptmann Franz Voves. Man hätte zuvor erst einmal über die Sicherheitsdoktrin diskutieren müssen. Der oberösterreichische SPÖ-Vorsitzende Josef Ackerl sprach von einem "falschem Umgang mit Kritikern und Fehlern in der Kommunikation".

"Tod der Freiwilligen"

Neben der Abschaffung der Wehrpflicht gerät auch das Freiwilligen-Modell für den Sozialen Bereich unter Beschuss. Ein Wegfall des Zivildienstes würde einen Kahlschlag im niederösterreichischen Rettungswesen bringen. So könnten 150.000 von 600.000 Krankentransporten jährlich nicht durchgeführt werden, erklärte LHStv. Wolfgang Sobotka heute bei einer Pressekonferenz.

Die Rechnungen im Modell eines freiwilligen Sozialjahres von Sozialminister Rudolf Hundstorfer seien "oberflächlich", weil etwa Verwaltungs- und Ausbildungskosten nicht beinhaltet seien. Dass Hundstorfer von einem Bedarf von 6.400 Freiwilligen bei 25 Prozent höherer Leistung ausgehe, hält Sobotka für "irreal".

Die von Hundstorfer vorgeschlagene Entlohnung von 1.300 Euro stelle eine Ungerechtigkeit gegenüber den tatsächlich ehrenamtlichen Helfern bei Rettung und Feuerwehr dar, befürchtete NÖ Rotkreuzpräsident Willi Sauer im Fall einer derartigen Bezahlung den "Tod der Freiwilligen". (apa/red/derStandard.at, 7. Feber 2011)