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Foto: apa/HOPI MEDIA/HOLZNER

"Ich geh ohne Karte rein, das ist eh o. k., oder?" Klar ist es das, zumindest für die Wachbeamten im Innenministerium - schließlich handelt es sich bei dem Fragenden um Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). Gemeinsam mit Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) stellt Hundstorfer am Donnerstag die Rot-Weiß-Rot-Card vor, die künftig die Eintrittsbedingungen für Zuwanderer festlegt.

Wo der Minister ohne Zugangsberechtigung Eintritt findet, kommt es beim Zuzug auf anderer Ebene zu einem Systemwechsel: Mithilfe der RWR-Karte will sich Österreich in Zukunft seine Zuwanderer genauer aussuchen. Die Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern (Drittstaaten) soll nicht mehr über Quoten, sondern mittels Punktevergabe geregelt werden, wobei verstärkt auf den Arbeitsmarkt Rücksicht genommen werden soll. Zu erreichen gibt es insgesamt 100 Punkte, unter anderem für Jobqualifikation, Ausbildung, Sprachkenntnisse und Alter (siehe unten). Das "starre Quotensystem", das keine Rücksicht auf Qualifikation nehme, "wird durch ein kriteriengesteuertes System ersetzt", erklärt Fekter.

Um die Karte können sich drei Personengruppen bewerben: Die erste Säule umfasst Spitzen-Kräfte mit Hochschulabschluss wie etwa Manager oder Mediziner (mindestens 70 Punkte), die zweite und dritte Säule Migranten mit hoher und mittlerer Qualifikation (mindestens 50 Punkte). Säule zwei regelt die Zuwanderung von Migranten mit Mangelberufen. Welche Berufe das sind, wird je nach Bedarf per Verordnung festgelegt. Derzeit sind es etwa Fliesenleger, Schweißer, Krankenschwestern, Elektroinstallateure und Dachdecker. Säule drei umfasst alle Schlüsselkräfte, für deren Arbeitsplatz sich kein Österreicher findet.

Außerdem soll es eine RWR-Karte plus geben, mit einem freien Arbeitsmarktzugang und der Perspektive auf ein Daueraufenthaltsrecht. Diese gilt auch für Familienangehörige (von Fachkräften) und für Fälle des humanitären Aufenthalts.

"Deutsch vor Zuzug"

"Eine verantwortungsvolle Zuwanderung muss sich an den Interessen Österreichs orientieren", sagte Ministerin Fekter und zeigte sich mit der ausverhandelten Karte zufrieden. Ein wichtiges Kriterium seien die Sprachkenntnisse: "Sie kennen mein Credo: Deutsch vor Zuzug." Auch hier gibt es Unterschiede: So müssen die Spitzen- und Fachkräfte vor dem Zuzug keine Deutschkenntnisse aufweisen. Diese sind zwar ein Kriterium und bringen dem Zuwanderungswilligen Punkte bei der Bewerbung, sind aber kein Muss. Für Familienangehörige wird es unterschiedliche Regeln geben. Familienangehörige von Topfachkräften müssen keine Deutschkenntnisse vor der Einreise nachweisen, jene der Mangelberufe und der sonstigen Schlüsselkräfte müssen hingegen zumindest über elementare Sprachkenntnisse verfügen. Der Spracherwerb während des Aufenthalts beschleunigt die Verlängerung desselben.

Wenn nach zwei Jahren das Sprachniveau B2 (gute Deutschkenntnisse) erreicht wird, verlängert das den Aufenthalt um drei Jahre statt nur um ein Jahr. Das Gesetz ist nun in Begutachtung: Es soll mit 1. Juli 2011 in Kraft treten.

Mit der RWR-Karte wird auch die EU-Richtlinie für die Blue Card umgesetzt, diese regelt die Bedingungen für Einreise und Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen innerhalb der EU (siehe Artikel). Fekter glaubt, die RWR-Card wird die Blue Card verdrängen, da sie attraktiver sei.

Laut Sozialministerium sollen über die RWR-Karte etwa 8000 Zuwanderer pro Jahr nach Österreich kommen - 500 Hochqualifizierte, 2000 für Mangelberufe, 2500 als Schlüsselkräfte. Der Wirtschaftsminister schätzt, bis 2030 könnten 100.000 Fachkräfte zuwandern. Derzeit ziehen jährlich etwa 35.000 Personen zu, ein Drittel davon aus Nicht-EU-Staaten. (Saskia Jungnikl/DER STANDARD, Printausgabe, 10. Dezember 2010)