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Heinisch-Hosek (li.) will, dass der Bund auch weiterhin ein 15-Millionen-"Packerl" für Kleinkinder herausrückt.

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Wien - Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) erhöht den Druck in der Frage, ob der Bund weiterhin Geld für Plätze in der Kinderbetreuung locker machen soll. "Ja, soll er", bekräftigt Heinisch-Hosek. "Ich werde mich mit all meiner Kraft und meinem politischen Gewicht dafür einsetzen", sagte die Ministerin am Mittwoch. Eine Einigung muss sie mit ÖVP-Staatssekretärin Christine Marek zustande bringen. Das Thema liegt Heinisch-Hosek jedenfalls am Herzen.

Vorgeschichte: Im Sommer 2007 einigte sich die damalige Große Koalition darauf, jährlich 15 Millionen Euro für den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren zu investieren. Die Bundesländer mussten im Gegenzug diese Anstoßfinanzierung mindestens verdoppeln. Diese 15a-Vereinbarung mit den Ländern galt für drei Jahre - 2008, 2009 und 2010 - und läuft also dieses Jahr aus.

Frauenministerin: Geld soll weiter fließen

Familienstaatssekretärin Marek meinte nun im Juli dieses Jahres, ob die 15 Millionen vom Bund nächstes Jahr weiter fließen, sei noch nicht fix. Damit sorgte sie für Unverständnis bei Heinisch-Hosek, die sich vehement für einen Ausbau einsetzt. "Vorgespräche mit Marek gibt es immer wieder, aber eine gemeinsame Meinungsbildung noch nicht", sagte die SPÖ-Ministerin heute bei einer Pressekonferenz in Wien.

Die Argumente sieht sie auf ihrer Seite: Mit 17.000 neuen Kinderbetreuungsplätzen sei die 15a-Vereinbarung ein Erfolg, der fortsetzt gehöre, zumal das sogenannte Barcelona-Ziel - die EU gibt vor, jedes dritte Kinder unter drei Jahren solle in Betreuung sein - noch bei weitem nicht erreicht ist. Österreich hat derzeit nur Betreuungsplätze für rund 16 Prozent der Unter-3-Jährigen.

Sozialpartner und Länder für Fortführung

Der Ausbau sei zu forcieren, sagt Heinisch-Hosek, "damit Mütter und Väter nach der Kinderpause schnell wieder arbeiten können". Neben einem Vorteil für Eltern und Kinder betonte die SPÖ-Ministerin auch Chancen für die Wirtschaft. 6000 Jobs seien seit 2008 dank der Förderungen entstanden. Kinderbetreuungsplätze würden auch Arbeitsplätze schaffen und damit Konsum- und Steuerleistung erhöhen, will Heinisch-Hosek wohl die noch skeptische ÖVP ködern.

Außerdem, betonte Heinisch-Hosek, sei sie nicht alleine: Die Sozialpartner und die Industriellenvereinigung würden sich für einen Ausbau aussprechen. Und auch die Bundesländer begrüßen die 15a-Vereinbarung, wonach Bund und Länder die Finanzierung neuer Betreuungsplätze gemeinsam stemmen.

Nachdem es im Juli positive Signale aus allen Bundesländern gegeben hatte, bekräftigte heute auch der Wiener SPÖ-Stadtrat Christian Oxonitsch, der mit der Ministerin zur Pressekonferenz geladen hatte, es gebe in Wien "einen breiten politischen Konsens, auch mitgetragen von der ÖVP". Von der Wiener ÖVP-Chefin Marek, die ja als Staatssekretärin "eine nicht unmaßgebliche Rolle" in der Frage spiele,  erwarte er sich darum eine Verlängerung.

Gespräche mit Finanzminister Pröll

Dass das Geld knapp ist, räumt Heinisch-Hosek zwar ein. Es ist für sie aber kein Grund, nicht weiter 15 Millionen jährlich locker zu machen. Bei der Deckung sieht sie zwei Möglichkeiten: Entweder es komme "frisches Geld vom Herrn Finanzminister", schiebt sie den Ball zu ÖVP-Chef Josef Pröll, oder das Geld werde anderswo eingespart. Heinisch-Hosek nennt dafür als Variante, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag für Paare, die keine Kinder haben (oder keine mehr betreuen), gestrichen wird. Laut Wirtschaftsforschungsinstitut brächte das 60 Millionen Euro.

Die Finanzierung könnte wackeln, weil die Familien im Budget für 2011 um 235 Millionen weniger bekommen - so geht es in verschärfter Form bis 2014 auch weiter. "Alle Ressorts müssen im Herbst einsparen", sagt Heinisch-Hosek. In Hinblick auf die Bundesmittel für Kinderbetreuung werde sie dennoch "mit Marek reden und während des Herbsts auch den Finanzminister damit konfrontieren".

Koppelung der Bundesförderung an Standards

Der Bund könnte über seine Geldspritze auch Druck auf die Länder machen, die Bildungsstandards anzugleichen, schlägt die SPÖ-Politikerin vor. Schließlich bietet jedes Bundesland andere Leistungen im Kindergarten - auch die Kosten für die Eltern variieren. In der Praxis könnte das so aussehen: Wenn sich bestimmte Bundesländer weigern, sich an Vorgaben des Bundes anzupassen, dürfen sie das Geld nicht abholen. Allerdings: Heinisch-Hosek denkt bei bundesweiten Standards "nicht an die Maximalvariante, sondern die sollte man nach unten definieren".

Die Grünen begrüßten Heinisch-Hoseks Vorschläge, hegen aber noch Zweifel an der gemeinsamen Umsetzung in der Koalition. (Lukas Kapeller/derStandard.at, 11.8.2010)