Foto: APN/Kienzle
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Im Vorfeld der parlamentarischen Enquete zum Thema Obsorge am Donnerstag haben die Grünen ihr Obsorge-Modell präsentiert. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) hatte vorgeschlagen, dass beide Eltern nach einer Trennung automatisch die Obsorge bekommen. Die Grünen schlagen in einem Positionspapier eine Schlichtungsstelle vor, die bei Sorgerechtsstreitigkeiten zwischen Vätern und Müttern vermitteln soll. 

"Die Obsorge beider Elternteile muss erarbeitet und nicht gesetzlich verordnet werden", sagt der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser gegenüber derStandard.at. Der Verein "Väterverbot" hatte in einer Aussendung erneut die gemeinsame Obsorge als "Chance" für das Familienrecht gefordert, da diese oft zur Beruhigung der Situation beitragen würde. Die Grünen sehen das anders. Eine "gemeinsame Obsorge" würde die Probleme des Besuchsrechts nicht lösen, heißt es im Positionspapier, das derStandard.at vorliegt.

Schlichtungsstelle statt Gerichte

"Gerichte sind der falsch Ort, um Beziehungskonflikte aufzuarbeiten", sagt Steinhauser. Erst wenn die Sozialarbeiter, Psychologen und Mediatoren der Schlichtungsstelle keine Lösung mit den Eltern erarbeiten können, soll demnach das Gericht entscheiden. Gefordert wird außerdem eine Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe. Wenn beide Elternteile an derselben Wohnadresse gemeldet sind, könne von einer Lebenspartnerschaft ausgegangen werden. 

Frauenhäuser äußern Bedenken wegen gewalttätigen Vätern

Die Frauenhäuser sehen den Vorschlag von Justizministerin Bandion-Ortner ebenfalls kritisch. In einer Aussendung warnte der Verein der autonomen österreichischen Frauenhäuser vor einer automatischen gemeinsamen Obsorge. Gewalttätige Männer würden so ebenfalls dieses Recht bekommen. "Solange Gewalt an Frauen und Kindern in der Familie und in der Beziehung bei der Scheidung wenig bis gar nicht berücksichtigt wird, sehen wir keinen Grund für eine Neuregelung", sagt Geschäftsführerin des Vereins, Maria Rösslhumer.

"Männerdikriminierung"

Der Verein "Väterverbot" kann die Kritik, dass das gemeinsame Obsorgerecht bei strittigen Trennungen keinen Sinn macht, nicht verstehen. In einer Aussendung verurteilte der Verein diese Bedenken, die auch von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) geäußert worden waren, als "Männer-diskriminierend", da hier der Standard des Familienrechts an gewalttätigen Männern gemessen werde. (lis, derStandard.at, 23.6.2010)