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Privatversicherungen benötigen die Gesundheitsdaten, um beurteilen zu können, ob sie in einem konkreten Versicherungsfall eine Leistung zu erbringen haben.

Foto: APA/GERT EGGENBERGER

Wien - Ärzte und Spitäler können künftig mehr Gesundheitsdaten von Patienten an private Versicherungen liefern. Das sieht eine Novelle zum Versicherungsvertragsgesetz des Justizministeriums vor. Im Begutachtungsverfahren hagelte es heftige Kritik von allen Seiten an dem Entwurf.

Privatversicherungen benötigen die Gesundheitsdaten, um beurteilen zu können, ob sie in einem konkreten Versicherungsfall eine Leistung zu erbringen haben. Das Justizministerium will mit der Neuregelung eine Klarstellung, weil die derzeitigen Bestimmungen zu unklar seien. So sollen nun die Aufnahmediagnose und andere diagnostische Befunde, der Operationsbericht, Auszüge aus dem Pflegebericht, der Entlassungsbrief und auch nach der Entlassung aus dem Spital eingelangte Befunde an die Versicherungen übermittelt werden.

Patient kann Übermittlung ablehnen, muss dann aber vorerst selbst Zahlen

Der Patient kann eine Übermittlung der Daten auch ablehnen, in diesem Fall muss er sich aber auch gegen die Direktverrechnung des Spitals mit der Versicherung entscheiden und damit die Spitalskosten vorerst selbst zahlen. Wenn die Versicherung den Verdacht hat, dass der Patient bei Vertragsabschluss eine wichtige Erkrankung verschwiegen hat, kann sie auch Daten über bestimmte Vorerkrankungen nachfragen.

Datenschützer lehnen Entwurf ab

Die Begutachtungsstellungnahmen gehen mit dem Entwurf hart ins Gericht. So ortet der Datenschutzrat eine "erhebliche Ausweitung der Ermittlung von sensiblen Gesundheitsdaten" und fordert, die Verwendung dieser Daten nochmals nach ihrer Erforderlichkeit bzw. Verhältnismäßigkeit zu überprüfen. Für den ÖGB ist der Entwurf "nicht mit dem geltenden Datenschutzrecht in Einklang zu bringen", er würde "gravierende Verschlechterungen des bestehenden Schutzes personenbezogener Daten" mit sich bringen. Auch die Arbeiterkammer lehnt die Ausweitung der Gesundheitsdaten für die Versicherungen "strikt" ab. Auch die Nachfrage frühere Behandlungen zur Prüfung von etwaigen Rücktrittsgründen für die Versicherungen ist für die AK nicht nachvollziehbar.

Für die Ärztekammer hätte die Bestimmung zur Weitergabe von Daten "wesentlich restriktiver" gefasst werden müssen. Und der Hauptverband der Sozialversicherungsträger sieht ebenfalls einen Widerspruch zu den datenschutzrechtlichen Bestimmungen, weil eine Zustimmung zur Weitergabe von Daten jeweils für den konkreten Einzelfall notwendig wäre.

Den Ländern gehen die Bestimmungen zu weit

Kaum ein gutes Haar lassen auch die Länder an dem Entwurf. Vorarlberg, Tirol, Salzburg, dem Burgenland und Wien gehen die Bestimmungen ebenfalls zu weit. Mehrmals wird in den Stellungnahmen der Länder ebenso wie von der AK und den konfessionellen Spitälern kritisiert, dass der Patient die Möglichkeit, seine Gesundheitsdaten nicht weiterzugeben, nur vordergründig habe, weil er es sich kaum leisten könne, keinen Auftrag zur Direktverrechnung des Spitals mit der Versicherung zu erteilen. Darüber hinaus befürchten mehrere Länder, die ja auch Spitalserhalter sind, ebenso wie die konfessionellen Spitalserhalter einen erhöhten Verwaltungsaufwand und damit auch erhebliche Mehrkosten.

Jusitzministeium sieht Einsparungspotential von 6,9 Millionen Euro

Das Justizministerium verweist in seinem Entwurf hingegen auf ein Einsparungspotenzial für die Versicherungsunternehmen in der Höhe von 6,88 Millionen Euro. Der Grund dafür liegt darin, dass die Novelle auch die Möglichkeit vorsieht, dass Dokumente zwischen Kunden und Versicherungen im Regelfall (von der Vertragsabschlusserklärung abgesehen) in elektronischer Form übermittelt und nicht mehr in Papierform ausgefolgt werden müssen. Dies gilt auch für die Versicherungsbedingungen, die bei Vorliegen einer entsprechenden Erklärung auch auf eine Internet-Seite zur Verfügung gestellt werden können.

Rücktrittsrecht für Verbraucher vorgesehen

Vorgesehen ist in der Novelle auch ein allgemeines Rücktrittsrecht für Verbraucher von Versicherungsverträgen, und zwar unabhängig davon, wie und wem gegenüber der Kunde die Vertragserklärung abgegeben hat. Bisher war das Rücktrittsrecht nach der Rechtsprechung des OGH ausgeschlossen, wenn der Kunde selbst - ohne Zutun eines Agenten oder des Versicherers - die Vertragserklärung übermittelt hat. Außerdem soll die Rücktrittsfrist bei Lebensversicherungsverträgen erst dann zu laufen beginnen, wenn der Verbraucher über dieses Rücktrittsrecht belehrt worden ist.

Die Wirtschaftskammer lehnt in ihrer Stellungnahme dieses allgemeine Rücktrittsrecht bei Versicherungsverträgen als "sachlich nicht gerechtfertigt" ab. Der Verband der Versicherungsmakler hat hingegen keine Einwendungen und begrüßt ausdrücklich, dass Polizzen, sonstige Dokumente und Informationen zum Versicherungsvertrag künftig auf elektronischem Weg übermittelt werden können. (APA)